Kanzlei-Serie - Folge 1

Die Steuerberatungskanzlei – Lebenschance oder Ladenhüter?

Das Alter ist ein ebenso schlichter wie zwingender Grund dafür, dass jährlich rund 1.500 Steuerberatungskanzleien den Eigentümer wechseln. Dem gegenüber steht ein Mitgliederwachstum bei den Steuerberaterkammern, das auf den ersten Blick gut dazu passt: Zwischen 800 und 1.500 Neumitglieder zählt das zentrale berufsständische Organ jährlich. Diese Koinzidenz ist trügerisch, denn die Situation auf dem Kanzleimarkt kann sowohl Kanzleisenioren als auch Neueinsteigern bei näherer Betrachtung Kopfzerbrechen bereiten.

Die Selbstständigenquote in der Steuerberatungsbranche sinkt seit geraumer Zeit, 2016 blieb sie erstmals unverändert bei 69,8 Prozent. Die Gründe für den Rückgang sind vielschichtig: Es entstehen vermehrt Partnerschaften aus strategischen Erwägungen, dazu kommen Konzentrationstendenzen, weil einzelne Verbünde mehr und mehr Kanzleien übernehmen. Aber auch eine gewisse Scheu der neu examinierten Berater davor, in die Selbstständigkeit zu gehen, ist spürbar.

Junge Steuerberater: besser angestellt?

Die größte Hürde für einen Kanzleikauf ist sicherlich die in aller Regel erforderliche Fremdfinanzierung. Die echten Entrepreneure unter den frisch Examinierten wagen deshalb nicht selten eher den Schritt der Neugründung als den des Kanzleikaufs und minimieren so Kapitalbedarf und persönliche Verschuldung in den Anfangsjahren – obwohl es schwierig ist, eine florierende Kanzlei von der Pike auf neu zu entwickeln.

Theoretisch bietet die Kanzleinachfolge unschätzbare Vorteile, etwa die eines bestehenden Mandantenstamms mit dauerhaften Erträgen, eines eingearbeiteten Personals sowie den einer modernen IT-Infrastruktur. Doch genau diese Werte bröckeln derzeit und der Vorsprung der etablierten Kanzleien schwindet. Nicht ohne Grund überzeugen die Vorteile der Unternehmensnachfolge Gründer immer seltener, während die Risiken sie von einem Kauf Abstand nehmen lassen.

Etablierte Kanzleien: Werte bröckeln

Denn auf dem Markt befinden sich zahlreiche Kanzleien, die zwar eigentlich werthaltige Unternehmen sind, aber durch die mangelnde Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen gleichzeitig beständig an Zukunftsfähigkeit und damit an Wert verlieren. Die Inhaber sind sich dieses Faktums selten bewusst, obwohl die eigene Kanzlei häufig den wesentlichen Bestandteil ihrer Altersvorsorge markiert.

Die zentralen Herausforderungen, denen sich etablierte Kanzleien heute stellen müssen, sind bekanntermaßen der verschärfte Wettbewerb, erhöhter Kostendruck und die dynamische Entwicklung im technischen Umfeld. Insbesondere die Konkurrenz durch andere Berufsgruppen, die abnehmende Mandantenbindung und die gestiegenen Erwartungen an die Beratung bei gleichzeitiger Honorarsensibilität spüren Kanzleien aller Couleur heute deutlich.

Auf der anderen Seite verlangen neue technologische Möglichkeiten wie Cloud-Computing, die Digitalisierung und Automatisierung der Geschäftsprozesse, eGovernment und Globalisierung dem Steuerberater ein hohes Maß an Lernbereitschaft und die für den Know-how-Aufbau notwendigen Ressourcen ab. Wollen sie zukunftsfähig und damit werterhaltend agieren, müssen Steuerberater ihre Kanzleien heute einem Wandel unterziehen, den technologischen Fortschritt annehmen und sich einem neuen Führungsverständnis gegenüber öffnen – alles Themen, zu denen unter anderem die DATEV ein reichhaltiges Angebot an Weiterbildung und Unterstützung anbietet.

Generation 60plus: Das wird eng

Die Steuerberatungsbranche steckt mitten im Generationswechsel: Zum 1. Januar 2017 waren über 23.798 Mitglieder der Steuerberaterkammer älter als 60 Jahre (27,6 Prozent), weitere 20.170 waren über 50 Jahre alt. Insgesamt haben 51 Prozent der Kammermitglieder die 50 überschritten. Entsprechend liegt das Durchschnittsalter des deutschen Beraters derzeit bei 52,1 Jahren (54,1 Jahre bei den Steuerberatern, 48,6 Jahre bei den Steuerberaterinnen). Auch wenn nun das bloße Alter grundsätzlich kein Hindernis für die Berufsausübung ist, und auch Ältere ihr Berufsleben immer weiter verlängern wollen oder müssen, ist eine Übergabe des Lebenswerks unausweichlich. Außerdem mag der ein oder andere ja auch mit dem Gedanken eines vorzeitigen Rückzugs aus dem Berufsleben spielen.

Der Zeitpunkt der Kanzleiübertragung sollte klug gewählt und weder der Not noch dem Zufall überlassen werden, wenn Fortbestand der Kanzlei und optimaler Erlös Ziele des Verkaufs sind. Die Nachfolgeplanung verdient als strategisches Projekt ersten Ranges den entsprechenden Stellenwert, doch häufig verhindern psychologische Gründe den rechtzeitigen und angemessenen Umgang mit dem Thema. Mit schwerwiegenden Konsequenzen, denn die wesentliche Voraussetzung für Handlungsoptionen ist genügend Zeit und die wird schnell knapp, wenn das Unausweichliche aufgeschoben wird. Dabei ist rechtzeitiges Handeln entscheidend, wenn eine Kanzlei für eine Veräußerung optimiert oder bewusst in Zeiten der Hochkonjunktur verkauft werden soll. Zehn Jahre Vorbereitung sind dafür fast zu kurz.

In allen Lebenslagen: wertsteigernd führen

Der Verkaufserlös sichert nicht selten den weiteren Lebensstandard im Alter – eine Tatsache, die während des gesamten Entwicklungszyklus einer Kanzlei eine Rolle spielen sollte. Kanzleiwert und Zukunftsfähigkeit sind zwei Seiten einer Medaille, die die zentrale Managementaufgabe für jeden Steuerberater ausmacht.

Weitere Informationen zum Thema Kanzleinachfolge/Kanzleiübernahme

Ansprechpartner zum Thema Nachfolge für Kunden: Steffen Bock, DATEV Consulting

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