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DATEV bietet Lösungen für ...
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Interview: Astrid Schmitt
Solides Umsatzwachstum und strategische Impulse: Trotz des schwachen wirtschaftlichen Umfelds zeigt sich DATEV im Geschäftsjahr 2024 robust. CFO Diana Windmeißer erklärt, wie die Genossenschaft die Herausforderungen meistert – und welche Rolle Cloud, KI und Ökosystem künftig spielen.
Das Jahr 2024 stellte viele Unternehmen vor große Herausforderungen: Die deutsche Wirtschaft schrumpfte zum zweiten Mal in Folge, der Mittelstand kämpft mit Bürokratie und Fachkräftemangel. Gleichzeitig wächst der Digitalisierungsdruck – etwa durch die Einführung der E-Rechnung und neue Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit. Trotzdem zeigt sich DATEV robust: Die Genossenschaft verzeichnet ein solides Umsatzwachstum, setzt strategische Impulse und unterstützt ihre Mitglieder gezielt.
DATEV magazin: Frau Windmeißer, auch 2024 war wirtschaftlich kein einfaches Jahr. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Diana Windmeißer: In der Tat, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren erneut anspruchsvoll. Zwei Jahre wirtschaftliche Stagnation oder gar Schrumpfung in Folge hinterlassen Spuren, vor allem im Mittelstand. Die Investitionsbereitschaft war vielerorts spürbar zurückhaltend, die Planbarkeit oft eingeschränkt. Trotzdem konnten wir als Genossenschaft erneut ein stabiles Wachstum erzielen – und das ist alles andere als selbstverständlich. Unser Umsatz ist 2024 um 5,2 Prozent auf 1,514 Milliarden Euro gestiegen. Das ist ein beachtlicher Wert, gerade im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, das um 0,2 Prozent zurückging. Auch gegenüber dem ITK-Markt, der um 4,4 Prozent wuchs, schneiden wir überdurchschnittlich ab. Das zeigt: DATEV ist in der Rolle als verlässlicher Partner des steuerberatenden Berufsstands gut positioniert – gerade in volatilen Zeiten.
Welche Faktoren haben dieses Wachstum möglich gemacht?
Ich denke, es ist eine Kombination aus drei Dingen: erstens unsere strategische Ausrichtung mit Fokus auf digitale, cloudbasierte Lösungen. Zweitens unser konsequentes Kostenbewusstsein – wir steuern sehr achtsam und hinterfragen jede Investition. Und drittens unser langfristiges Denken. Als Genossenschaft sind wir nicht auf kurzfristige Rendite aus, sondern auf nachhaltigen Erfolg – im Sinne unserer über 40.000 Mitglieder. Hinzu kommt: Der steuerberatende Berufsstand ist gut beschäftigt. Trotz einer schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage ist die Nachfrage nach Beratung, Lohnabrechnungen und Steuererklärungen hoch. Unsere Lösungen sind eng mit diesen Prozessen verzahnt, das gibt uns eine gewisse Resilienz gegenüber konjunkturellen Schwankungen. Diese Stärke zeigt sich auch in der Breite unserer Produktgruppen.
Dennoch bleibt auch DATEV von steigenden Kosten und Fachkräftemangel nicht verschont. Wie gehen Sie damit um?
Das stimmt, insbesondere die Technologiepreise sind eine Herausforderung. Viele Basiskomponenten, etwa Speicher, Security oder Infrastruktur, sind auch nach dem Höhepunkt der Inflation 2023 weiter teurer geworden. Gleichzeitig müssen wir parallel zwei Welten betreiben: On-Premises und Cloud. Dieser Parallelbetrieb erhöht die Komplexität – und damit auch die Kosten. Wir gehen damit differenziert um. Unsere Preisgestaltung erfolgt mit Augenmaß und ist stets transparent. Wo möglich, kompensieren wir durch Effizienzgewinne. Unser Anspruch ist, technologische Innovationen wirtschaftlich tragfähig zu gestalten – und das geht nur, wenn wir intern ebenso konsequent optimieren wie nach außen. Das betrifft sowohl unsere Prozesse als auch unsere Beschaffung und die Nutzung von Skaleneffekten. Und nicht zuletzt hilft uns unser genossenschaftliches Selbstverständnis: Wir wirtschaften nicht für externe Investoren, sondern für unsere Mitglieder. Das prägt unsere Haltung und unsere Entscheidungen.
Inwieweit beeinflusst die politische Lage Ihre Arbeit?
Deutlich. Die überbordende Bürokratie ist eines der größten Hemmnisse für unsere Mitglieder – und damit auch für uns. Viele Kanzleien berichten, dass sie mehr Zeit mit Verwaltung verbringen als mit Beratung. Das betrifft nicht nur steuerrechtliche Themen, sondern reicht tief in alle Unternehmensbereiche hinein – etwa bei ESG-Berichtspflichten für Unternehmen, Datenschutz oder digitalen Meldesystemen. Natürlich begrüßen wir politische Vorstöße zur Entbürokratisierung, wie zuletzt die EU-Initiative zur Reduzierung von Berichtspflichten. Aber es braucht mehr: Mut zur Vereinfachung, Tempo in der Umsetzung und vor allem digitale Verwaltung auf Augenhöhe. Denn nur wenn wir die Bürokratie wirksam reduzieren, schaffen wir Freiräume für Innovation, für Wachstum, für Zukunft.
Schauen wir auf die konkreten Zahlen. Welche Entwicklungen waren für DATEV 2024 besonders prägend?
Besonders erfreulich ist, dass unser Wachstum auch 2024 wieder auf breiter Basis erfolgt ist. Wir sind strukturell so aufgestellt, dass wir nicht von einzelnen Produkten abhängig sind. Wie in den Vorjahren war das Rechnungswesen unser stärkster Umsatzträger – mit einem Plus von 44,8 Millionen Euro stieg es auf insgesamt 541,4 Millionen Euro. Bemerkenswert ist, dass 88 Prozent des Wachstums aus Cloudservices und -anwendungen stammen. Unsere Strategie der Cloudtransformation zahlt sich also auch wirtschaftlich aus. Sehr dynamisch entwickelt sich DATEV Unternehmen online. Ende 2024 nutzten es rund 630.000 Unternehmen, 140.000 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der übermittelten E-Bilanzen stieg weiter auf 2,35 Millionen.
Wie sieht es in den anderen Produktbereichen aus?
Sehr solide. Die Produktgruppe IT-Management verzeichnete ein Wachstum von 13 Millionen Euro auf nun 118 Millionen Euro. Unsere Cloud-Sourcing-Lösungen waren sehr gefragt, also DATEVasp, Partnerasp und DATEV SmartIT. Damit entlasten Kanzleien ihre eigene IT und lagern den Betrieb ins sichere DATEV-Rechenzentrum aus. Ein Konzept, das sich in Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden IT-Anforderungen immer größerer Beliebtheit erfreut. Auch die Personalwirtschaft zeigt sich weiterhin stabil. Mit einem Umsatz von 309,2 Millionen Euro bleibt sie nach dem Rechnungswesen unser zweitstärkster Bereich. Im Monatsschnitt wurden 14,7 Millionen Lohn- und Gehaltsabrechnungen erstellt, rund 200.000 mehr als im Vorjahr. Im Dezember lagen wir sogar erstmals bei knapp 15 Millionen Abrechnungen – ein neuer Rekordwert.
Welcher Anteil des Wachstums geht auf höhere Nutzung zurück, welcher auf Preiseffekte?
Mehr als 90 Prozent unseres Umsatzwachstums sind mengeninduziert. Das heißt: Es ist vor allem die intensivere Nutzung unserer Lösungen, die zu höheren Erlösen führt – es sind nicht die Preise. Wir geben Kostensteigerungen im IT-Umfeld nicht einfach weiter, sondern wägen sehr genau ab. Unsere Preisgestaltung orientiert sich an zwei Leitplanken: Transparenz und Planbarkeit. Das schafft Vertrauen. Und das ist für eine Genossenschaft wie unsere ein zentraler Wert.
Ein zentrales Thema ist der technologische Wandel. Welche Rolle spielen Cloud und Ökosystem in der künftigen Strategie von DATEV?
Die Cloud ist der technologische Kern unserer künftigen Angebote. Sie ermöglicht Automatisierung, Skalierbarkeit, Datensicherheit und integrierte Prozesse. Mit mehr als 600 Millionen Euro Umsatz sind Cloudservices längst ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells – und die Transformation ist noch lange nicht abgeschlossen. Wichtig ist dabei auch das Zusammenspiel mit unserem Partner-Ökosystem. Über den DATEV-Marktplatz integrieren wir gezielt Drittanbieter, damit Kanzleien spezialisierte Anwendungen nahtlos in ihre Prozesse einbinden können – ohne Medienbrüche oder Insellösungen. Als Genossenschaft verstehen wir uns dabei klar als Plattformgestalter: Wir stellen die sichere, rechtskonforme Infrastruktur bereit und ermöglichen zugleich Offenheit für Kooperationen. So schaffen wir echten Mehrwert für Kanzleien und ihre Mandanten.
Die Transformation in die Cloud ist ein großer Schritt, aber kein leichter. Wie bleibt DATEV dabei effizient?
Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Jede Investition muss einen klaren Zielbeitrag leisten – zur digitalen Transformation, zur Unterstützung unserer Mitglieder oder im Sinne unseres genossenschaftlichen Auftrags. Andernfalls unterlassen wir sie. Das klingt einfach, ist im technologischen Alltag aber ein ständiger Balanceakt. Kosteneffizienz ist für uns kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Innovationsfähigkeit. Deshalb optimieren wir Prozesse, verbessern Einkaufskonditionen und richten unsere Mittel konsequent auf Zukunftsthemen aus, etwa unser Rechenzentrum, die Cloudplattform oder moderne Entwicklungswerkzeuge.
Welche Fortschritte hat DATEV 2024 beim Zukunftsthema künstliche Intelligenz gemacht?
Wir haben früh begonnen, KI nicht als Selbstzweck, sondern als Werkzeug zur Prozessentlastung in unsere Produktwelt zu integrieren. 2024 erzielten wir mit KI-gestützten Anwendungen erstmals 3,7 Millionen Euro Umsatz – doppelt so viel wie im Vorjahr. Und das ist erst der Anfang. In der Buchführung kommt KI beim Automatisierungsservice Rechnungen zum Einsatz, in der Wirtschaftsprüfung pilotieren wir eine Anomalieerkennung. Auch im Kundenservice testen wir Chatbots und Sprachassistenten. In unserer KI-Werkstatt können Mitglieder neue Funktionen direkt ausprobieren – ein Format, das sehr gut angenommen wird. Ich bin selbst ein Fan davon, weil es zeigt: KI ist keine Theorie, sondern bringt echte Entlastung. Sie wird niemanden ersetzen, aber repetitive Aufgaben effizienter machen und Freiräume schaffen, etwa für Beratung und Strategie. Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel ist das ein großer Hebel.
Wie reagiert der Berufsstand auf diese Entwicklungen?
Sehr unterschiedlich. Es gibt Kanzleien, die enorm affin und offen sind, und andere, die sich noch schwertun, Zeit zu investieren. Das ist nachvollziehbar: Der Alltag ist ohnehin stark getaktet. Aber gerade deshalb ist es wichtig, neue Technologien kennenzulernen, auszuprobieren und den eigenen Arbeitsalltag gezielt zu hinterfragen. Wir sehen eine steigende Nachfrage, aber auch ein großes ungenutztes Potenzial. Deshalb setzen wir auf Wissensangebote, niedrigschwellige Einstiege und klare Anwendungsfälle. Unser Ziel ist, KI dort einzusetzen, wo sie messbar entlastet. Nicht mehr – aber eben auch nicht weniger.
Ein weiteres Digitalisierungsprojekt mit großem Hebel ist die Einführung der E-Rechnung. Wie ist DATEV hier aufgestellt?
Sehr gut. Mit der E-Rechnungsplattform seit Juli 2024 und dem E-Rechnungspostfach seit Dezember haben wir die technologische Basis geschaffen. Unternehmen und Kanzleien können nun echte E-Rechnungen sicher und gesetzeskonform austauschen. Auf die seit 2025 geltende Empfangspflicht sind wir bestens vorbereitet und begleiten unsere Mitglieder aktiv. Für mich ist klar: Nach der Pandemie ist die E-Rechnung der nächste große Digitalisierungsschub – mit enormem Potenzial für automatisierte Prozesse und effizientere Abläufe.
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