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Steuerberater als Krisenbegleiter
Von Prof. Dr. Dirk Andres
Die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft zwingt viele Unternehmen zum Handeln. Sofern eine Insolvenz droht, sind auch die steuerlichen Berater der betroffenen Betriebe gefordert – nicht zuletzt auch, um eine eigene Haftung zu vermeiden.
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Seit Mitte des vergangenen Jahres laufen immer neue Meldungen über Entlassungswellen in den verschiedensten Branchen in einem immer schneller werdenden Takt über die Newsticker. Erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit steigen die Arbeitslosenzahlen wieder. Die Auftragsbücher füllen sich nicht mehr wie in den Jahren zuvor. Die Unternehmen halten sich mit Investitionen weitgehend zurück.
Geschäftsplanung jetzt besonders wichtig
In einer solchen Phase ist es wichtig, dass die Verantwortlichen des Unternehmens einen kühlen Kopf bewahren. Sie benötigen einen möglichst aktuellen Überblick über das Geschehen und die Entwicklungen in ihrem Unternehmen. Der Geschäftsplanung für die nächsten 12 bis 18 Monate kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Denn ohne eine belastbare Planung kann man sich nicht auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen, weiß nicht, wohin die Reise geht und vor allem nicht, an welchen Stellschrauben man drehen muss, um den Kurs zu ändern.
Planung gesetzlich vorgeschrieben
Die Verantwortlichen des Unternehmens sowie ihre Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind in der aktuellen Situation besonders gefordert. Viele scheinen aber nicht zu wissen, dass auch der Gesetzgeber in Form von § 1 des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) seit 2021 eine solche Unternehmensplanung vorschreibt. Danach muss sich die Geschäftsleitung fortlaufend über geschäftliche Entwicklungen des Unternehmens informieren, die dessen Fortbestand gefährden können. Erkennt sie derartige Entwicklungen, muss sie nach dem StaRUG Gegenmaßnahmen ergreifen und die Überwachungsorgane der Gesellschaft, also die Gesellschafter oder den Aufsichtsrat, informieren. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch § 19 Insolvenzordnung (InsO) zu beachten, wonach bei Vorliegen einer Überschuldung ein Insolvenzantrag zu stellen ist. Vereinfacht ausgedrückt ist dies dann der Fall, wenn die Gesellschaft für die nächsten zwölf Monate nicht ausreichend finanziert ist und in diesem Zeitraum zahlungsunfähig wird.
Mögliche Konsequenzen der Missachtung
Das StaRUG selbst regelt noch nicht die Folgen eines Verstoßes gegen diese Vorschriften, und aufgrund dessen erst kurzfristigen Bestehens ist auch noch nicht abschließend geklärt, welche Konsequenzen sich für die Geschäftsleiter, die dagegen verstoßen, ergeben könnten. In Betracht kommen dürften vor allem Schadenersatzverpflichtungen gegenüber den Gesellschaftern, womöglich aber auch gegenüber den Gläubigern. In der Insolvenzordnung sind die Konsequenzen hingegen klar geregelt. Nach § 15a InsO kann eine verspätete Antragstellung zu einer Freiheits- oder Geldstrafe führen. Darüber hinaus besteht im Falle einer Verurteilung ein Berufsverbot für die weitere Tätigkeit als Geschäftsführer einer juristischen Person tätig zu sein. Hinzu kommen verschiedene Straftatbestände der §§ 263, 266a sowie 283 ff. Strafgesetzbuch (StGB), die gegebenenfalls mit verwirklicht werden und zu einer straf- und zivilrechtlichen Haftung der Organe führen können. Gerade bei unklarer Geschäftssituation ist es für den Geschäftsleiter daher unerlässlich, über eine entsprechende Unternehmensplanung zu verfügen, aus der er die aktuelle Geschäftsentwicklung zumindest für die nächsten zwölf Monate absehen kann, um seiner Antragspflicht bei Eintritt der Überschuldung nachkommen zu können. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Finanzierungslücke unmittelbar zu einer Antragstellung führt. Das Gesetz räumt den Verantwortlichen insoweit eine Frist von sechs Wochen ein. In dieser Zeit können sie Maßnahmen entwickeln, damit die Finanzierungslücke mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann. Je näher die Finanzierungslücke rückt, desto konkreter müssen diese Maßnahmen sein. Stellen die Verantwortlichen jedoch fest, dass die Lücke unter keinen Umständen mehr geschlossen werden kann, dürfen sie den Ablauf der Sechswochenfrist nicht abwarten, sondern müssen unverzüglich einen Insolvenzantrag stellen.
Besondere Rolle des Beraters
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind in der Regel die ersten Ansprechpartner für die Geschäftsleiter, wenn es um Fragen der Buchhaltung, aber auch Themen der Geschäftsentwicklung geht. Viele Unternehmen sind mit der Erstellung einer Unternehmensplanung für die nächsten 12 bis 18 Monate überfordert, da sie diese in der Vergangenheit nie benötigt und daher auch nie erstellt haben. Hier kann der Steuerberater mit den ihm in der Regel ohnehin zur Verfügung stehenden Daten und Softwaretools einen erheblichen Beitrag leisten, diese Planung zu erstellen, die auch einer späteren Überprüfung standhält und den Geschäftsleitern die Möglichkeit gibt, eine realistische Einschätzung über die Entwicklung ihres Unternehmens zu erhalten. Der Steuerberater kann insbesondere die Annahmen, die das Management für die Zukunft trifft, anhand der ihm vorliegenden historischen Zahlen kritisch hinterfragen. Aufgrund seiner Kenntnis des Unternehmens ist er häufig der ideale Sparringspartner für die Geschäftsführung, um eine realistische Planung aufzusetzen.
Beraterhaftung beachten
Hinzu kommt, dass der mit dem Jahr 2021 in Kraft getretene § 102 StaRUG nunmehr auch Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern einen erhöhten Pflichtenkatalog auferlegt, wenn sie an der Erstellung des Jahresabschlusses eines Unternehmens mitwirken. Erlangen sie in diesem Rahmen Kenntnis von offensichtlichen Anhaltspunkten, die auf mögliche Insolvenzantragsgründe nach § 17 InsO (Zahlungsunfähigkeit) oder § 19 InsO (Überschuldung) hindeuten, müssen sie ihre Mandanten hierauf und auf die sich daraus für sie ergebende Insolvenzantragspflicht hinweisen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Mandant die mögliche Insolvenzreife bereits kennt. Aus Haftungsgründen sollten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer jedoch vorsorglich in jedem Fall einen entsprechenden Hinweis geben, um später die Diskussion zu vermeiden, ob der Mandant bereits Kenntnis von der Insolvenzreife hatte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Konsequenzen für den Berater. Da diese Regelungen relativ neu sind, hat sich hierzu allerdings noch keine gefestigte Rechtsprechung herausgebildet. In jedem Fall kommt aber ein Schadenersatzanspruch des Unternehmens nach §§ 280 Abs. 1, 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Betracht, wobei das Verschulden des Beraters nach § 180 Abs. 2 BGB vermutet wird. Die Höhe wird dabei nach der Differenzhypothese (Insolvenzvertiefungsschaden) ermittelt. Gegebenenfalls kann sich auch aus dem Aspekt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten des Geschäftsleiters eine Haftung des Beraters für den dem Geschäftsleiter entstandenen Schaden ergeben (Eigenhaftung des Geschäftsführers).
Fazit
Eine funktionierende Unternehmensplanung ist also aus vielerlei Gründen wichtig. Jenseits aller Insolvenzantragspflichten, Strafbarkeiten und Schadenersatzpflichten kann ein Unternehmen ohne eine funktionierende Planung nicht sicher durch diese wirtschaftlich unsicheren Zeiten gesteuert werden. Dabei ist klar, dass Planungen immer wieder aktualisiert und den sich ändernden Gegebenheiten angepasst werden müssen. Hierzu kann der Steuerberater einen wesentlichen Beitrag leisten, damit eine solche Planung überhaupt de lege artis erstellt wird. Darüber hinaus kann er durch seine objektivere Stellung, seinen vertrauensvollen Zugang zum Management und seine Kenntnis der historischen Zahlen dazu beitragen, dass die Planung objektiv nachvollziehbar ist und nicht dem Prinzip Hoffnung folgt. Zeichnet sich aufgrund der gemeinsamen Erkenntnisse eine Krisensituation ab, bleibt den Verantwortlichen in der Regel noch ein gutes Zeitfenster, um sich mit den außergerichtlichen und gerichtlichen Sanierungsmöglichkeiten zu befassen. So bietet beispielsweise der Instrumentenkasten des Insolvenz- und Sanierungsrechts den Unternehmen zahlreiche Werkzeuge zur Bewältigung von Krisensituationen.
Prof. Dr. Dirk Andres
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht sowie Partner der Kanzlei AndresPartner. Er wird von den Insolvenzgerichten in Düsseldorf, Essen, Bochum, Hagen und Siegen sowie Köln und Wuppertal zum Insolvenzverwalter bestellt. Darüber hinaus begleitet er Unternehmen, Geschäftsführer, Gesellschafter sowie Gläubiger bei allen Fragen der finanz- und leistungswirtschaftlichen Restrukturierung.
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