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Interview mit Arndt Geiwitz für das DATEV magazin
Das Interview führte Claus Gorgs
Schlecker, Weltbild, Galeria: Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz gilt als Experte für schwierige Fälle. Im Interview erklärt er, wieso er in Deutschland keine Pleitewelle sieht, warum ohne KI bald nichts mehr geht und woran selbst fähige Manager scheitern.
DATEV magazin: Herr Geiwitz, 2024 gab es in Deutschland so viele Insolvenzen wie seit 15 Jahren nicht mehr, und die Prognosen für 2025 sind nicht besser. Haben wir zu schlechte Manager oder zu schlechte Politiker?
Arndt Geiwitz: Die Insolvenzzahlen in Deutschland waren vor 2024 über viele Jahre auf einem historisch niedrigen Niveau. Es gehört zur gesunden Entwicklung einer Marktwirtschaft, dass regelmäßig Anbieter aus dem Markt ausscheiden. Ein Insolvenzverfahren ist ein ganz natürlicher Prozess, vergleichbar mit der Medizin, die ja auch nicht ohne Notärzte und Pathologen auskommt. Vor diesem Hintergrund ist eine gewisse Zahl an Insolvenzen volkswirtschaftlich sinnvoll, weil durch sie Kapital, Mitarbeiter und Ressourcen frei werden, die an anderer Stelle produktiver genutzt werden können.
Also ist der Anstieg der Insolvenzzahlen keine wirtschaftliche Krise, sondern eine normale Marktbereinigung?
Ich denke, die derzeitigen Zahlen spiegeln die Normalität besser wider als in den Jahren zuvor, als Insolvenzen politisch nicht gewollt waren. Da wurden Bürgschaften gegeben und Unternehmen gerettet, egal, ob es ökonomisch sinnvoll war oder nicht. Aktuell sehen wir einen Nachholeffekt, weil Unternehmen aus dem Markt ausscheiden, die seit Jahren nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Zusätzlich bekommen wir die Quittung dafür, dass Deutschland in den letzten 20 Jahren zu wenig strategische Wirtschaftspolitik betrieben und den Standort nicht zukunftsfähig gemacht hat. Stichworte: Festhalten am Verbrennungsmotor, wachsende Bürokratie, hohe Energiepreise. Das alles führt dazu, dass Unternehmen international nicht mehr mithalten können und insolvent werden – während die erfolgreichen ihre Investitionen lieber im Ausland tätigen.
War es ein Fehler, während der Corona-Pandemie die Insolvenzpflicht auszusetzen?
Grundsätzlich ist es richtig, wenn die Politik bei Schockzuständen wie der Pandemie, der Finanzkrise oder dem russischen Angriff auf die Ukraine für eine gewisse Zeit Unterstützung anbietet. Kurzarbeitergeld, Energiepreisbremse und Bürgschaften haben vielen gesunden Unternehmen geholfen, solche Schocks zu überstehen. Das Problem unserer Politik ist, dass solche Maßnahmen nicht schnell wieder beendet werden. Warum gibt es 35 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch einen Solidaritätszuschlag? Natürlich ist es sinnvoll, nach einer Naturkatastrophe den Tourismus in der betroffenen Region zu unterstützen – für eine begrenzte Zeit. Sonst wirkt die Hilfe wie eine Droge, von der man nicht mehr loskommt und die wirtschaftlich notwendige Bereinigungsprozesse verhindert.
Ist wirklich nur die Politik an allem schuld? Die Wende zur E-Mobilität zeichnet sich seit Jahren ab, dass die Zinsen wieder steigen würden, war absehbar. Ist es nicht die Verantwortung der Manager, rechtzeitig umzusteuern?
So pauschal würde ich das nicht sagen. Wir haben viele sehr gute Manager in unserem Land. Richtig ist, dass einige Branchen wie die Automobilindustrie zu lange geglaubt haben, die Erfolge der Vergangenheit ließen sich einfach in die Zukunft fortschreiben. Die Absatzrückgänge in Asien waren absehbar, ebenso die Zollpläne des neuen US-Präsidenten. Sich darauf einzustellen, wäre die Aufgabe aller Stakeholder gewesen: Management, Aufsichtsräte, Arbeitnehmervertreter. Das erfordert massive Transformationsprozesse – und die stehen leider noch ganz am Anfang.
Durch die Insolvenzen kam es 2024 zu Forderungsausfällen von 56 Milliarden Euro, der DATEV Mittelstandsindex zeigt, dass die Krise auf die kleinen und mittleren Unternehmen sowie auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Droht für 2025 ein Domino-Effekt?
Die Gefahr sehe ich. Die bisher eher geringen Arbeitsplatzverluste sind nicht real, da wir durch den Fachkräftemangel viel an Kompensation hatten. Wenn wir verhindern wollen, dass die Krise sich ausweitet, müssen wir die Standortnachteile abbauen. Dazu gehören nicht nur die hohen Energiepreise, sondern auch die geringe Arbeitsproduktivität. In vielen Industrien arbeiten wir in Deutschland nur noch 1.340 Stunden im Jahr, während etwa die Schweizer 1.600 Stunden arbeiten. Dadurch können sie ihre höheren Lohnkosten überkompensieren – im Gegensatz zu uns. Dieses Problem betrifft uns als Land insgesamt, nicht nur die Politik, nicht nur die Manager. Ein prominentes Beispiel ist das Unternehmen Stihl, das seine Ersatzinvestitionen in der Schweiz tätigt, weil unter Berücksichtigung aller Kosten- und Leistungsfaktoren die Schweiz günstiger ist als Deutschland. Das sollte uns zu denken geben. Dieser Prozess vollzieht sich schleichend und ist viel gefährlicher als die steigenden Insolvenzzahlen.
Aber auch die Zahl der Abwicklungen steigt. 2024 konnten weniger als die Hälfte der insolventen Unternehmen gerettet werden. Ist das ein Trend, den Sie auch beobachten?
Weniger, als ich es vermutet hatte. Für die meisten insolventen Unternehmen gibt es eine Nachfrage, es lassen sich Käufer finden, sogar bei Automobilzulieferern. Der M&A-Markt funktioniert noch, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass das noch lange so weitergeht. Wenn ein Unternehmen in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren kann, kann ich auch als Insolvenzverwalter nicht hexen. Dann muss ich es liquidieren.
Haben Sie die aktuelle Insolvenzwelle kommen sehen?
Nochmal: Ich sehe im Anstieg der Insolvenzen keine Welle, eher eine Rückkehr zur Normalität. Die hat in unserer Branche niemanden ernsthaft überrascht, weil die Zahlen in den Jahren zuvor so niedrig waren. Das lag nicht nur an der Politik, sondern auch an den niedrigen Zinsen und dem schwachen Euro. Beides hat der deutschen Exportwirtschaft extrem geholfen. Viele der aktuellen Insolvenzen sind zudem technischer Natur: Gastronomen etwa, die aufgeben, weil sie kein Personal mehr finden. Das ist für sich genommen alles nicht dramatisch. Die schleichende Abwanderung ins Ausland ist viel gefährlicher, davor dürfen wir nicht länger die Augen verschließen.
Gibt es genügend Insolvenzverwalter, um die steigende Zahl an Firmenpleiten zu bewältigen?
Das ist kein Thema. Wir haben mehr als 2.000 Insolvenzverwalter in Deutschland, lange Zeit war es eher ein Problem, dass es zu viele waren für die wenigen Fälle. Der Markt ist daher aufnahmefähig für viele Verfahren. Ein Problem haben eher die Banken und Warenkreditversicherer, die ihre Risikoabteilungen in den letzten zehn Jahren stark abgebaut haben. Manche sind daher nicht mehr in der Lage, alle Verfahren aktiv zu begleiten. Von dort höre ich immer häufiger: „Wickelt den Laden ab, sagt uns, welche Quote wir kriegen. Aktiv an einer Rettung beteiligen werden wir uns nicht.“
Was erwarten Sie als Insolvenzverwalter von den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, mit denen Sie zusammenarbeiten?
Ich sehe bei den Kolleginnen und Kollegen erfreulicherweise eine viel größere Sensibilität für das Thema Restrukturierung sowie für haftungsrechtliche Fragen, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Viele sind auch so professionell zu erkennen, ab welchem Punkt sie sich von einem Kollegen unterstützen lassen, der mehr Erfahrung mit Insolvenzen hat. Nicht selten haben wir Fälle, bei denen wir hinzugezogen werden, um einen Mandanten durch eine schwierige Phase zu begleiten. Anschließend geben wir die Fälle an die Kollegen zurück, ohne dass außer dem Mandanten jemand davon erfährt – manchmal nicht einmal der.
Für Insolvenz- und Restrukturierungsfälle brauchen Kanzleien viel Spezialwissen. Ist das deutsche Insolvenzrecht zu kompliziert?
Wir haben in Deutschland einen der besten Werkzeugkästen für Sanierungen und Insolvenzen weltweit, um den uns viele andere Länder beneiden. Vom außergerichtlichen Verfahren über das Schutzschirmverfahren und das StaRUG-Verfahren bis hin zur Regelinsolvenz gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Unternehmenskrisen können sehr unterschiedliche Ursachen haben, und für nahezu jeden Fall bietet das deutsche Insolvenzrecht das passende Werkzeug. Zudem haben wir das Insolvenzgeld, als eines von sehr wenigen Ländern.
Hat die Pleite ihren Schrecken verloren?
Wer vor 15 Jahren ein Unternehmen an die Wand fuhr, war gesellschaftlich erledigt. Das neue Insolvenzrecht hat dazu beigetragen, Scheitern als Teil des wirtschaftlichen Prozesses zu begreifen – kriminelle Handlungen wie Betrug oder Untreue einmal ausgenommen. Jede Volkswirtschaft braucht ein gesellschaftlich akzeptiertes Restrukturierungsrecht, das konstruktiv mit gescheiterten Geschäftsmodellen umgeht, statt sie pauschal zu verurteilen. Zum Glück setzt sich diese Betrachtungsweise immer mehr durch.
Ist das Thema Insolvenz in der Ausbildung von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern angemessen berücksichtigt?
Nein, und darunter leiden spezialisierte Kanzleien sehr. Restrukturierung ist ein hochspannendes Metier, aber auch wir suchen permanent Nachwuchs. Das können Rechtsanwälte sein, aber auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die Spaß an diesem Rechtsgebiet haben. Der Job ist menschlich nicht immer einfach, weil man manchmal auch Betriebe schließen muss. Ich kenne niemanden, der das gerne macht, aber es gehört nun einmal zum Job dazu. Auch ein Notarzt kann nicht jeden Patienten retten.
Wie ließe sich die Aufmerksamkeit für dieses Spezialgebiet erhöhen?
Wir denken sehr konkret darüber nach, zusammen mit einer Universität einen Lehrstuhl für Restrukturierung ins Leben zu rufen. Das würde zwar einiges kosten, sinnvoll wäre es aber ganz bestimmt.
Mit welcher Universität sprechen Sie denn?
Sag ich noch nicht. (lacht)
Was verdient man eigentlich als Insolvenzverwalter?
Es gibt eine Insolvenzverwaltervergütungsverordnung, unser Verdienst ist gesetzlich festgeschrieben. Generell gilt: Je größer der Fall, desto mehr Geld gibt es. Eines möchte ich aber klarstellen: Die Verdienste, die manchmal in den Medien kolportiert werden, sind maximal die Umsatzerlöse einer Kanzlei mit vielen Mitarbeitern. Dem gegenüber stehen die Kosten, ein solches Team von Spezialisten permanent vorzuhalten. Die Differenz zwischen den Zahlen, die da bisweilen im Raum stehen, und dem, was am Ende als Gewinn übrigbleibt, ist sehr groß. Die meisten Verwalter machen mit der Hälfte ihrer Verfahren Verlust – und leben von den Deckungsbeiträgen der anderen Hälfte. Unter dem Strich verdienen wir nicht mehr als eine überregional tätige Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfungskanzlei.
Ist es nicht paradox, dass man als Insolvenzverwalter einem Unternehmen in akuter Liquiditätsnot zusätzlich Liquidität entzieht?
Nach dieser Logik wäre es auch grotesk, dass ein Bestatter Geld dafür nimmt, einen Verstorbenen unter die Erde zu bringen. Die Kritik an der Entlohnung von Insolvenzverwaltern kommt im Übrigen nie von den Gläubigern, die die Rechnung am Ende bezahlen. Die wissen, wie schwierig diese Dienstleistung zu erbringen ist und wie viel Arbeit dahintersteckt. Wir haben gerade die Insolvenz eines mittelständischen Bauträgers abgeschlossen, da stecken mehr als 7.000 Arbeitsstunden von Berufsträgern drin.
Viele Unternehmen, deren Insolvenzverwalter Sie waren, waren einst kerngesund und erfolgreich, wie Schlecker oder Galeria Karstadt Kaufhof. Wie kann es passieren, dass erfahrene Unternehmer und Manager Warnsignale ignorieren und ihre Firmen in den Niedergang führen?
Wer erfolgreich ist, entwickelt häufig eine gewisse Beratungsresistenz. „Was will der Berater mir schon erzählen? Wenn der so schlau ist, warum ist er dann nicht selbst Unternehmer?“ Solche Sätze höre ich immer wieder. Wer einmal in dieser Denke drin ist, trifft häufig einsam falsche Entscheidungen.
Was raten Sie mittelständischen Kanzleien, die plötzlich mit insolvenzbedrohten Mandanten zu tun haben, aber über wenig Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen?
Die größte Schwierigkeit für den Steuerberater ist, die drohende Schieflage überhaupt zu erkennen. Wenn er im Rahmen seiner Going-Concern-Prüfung darauf stößt, dass die Durchfinanzierung nicht mehr gegeben ist, ist es häufig schon zu spät, weil die Zahlen schon Monate alt sind. Je enger man am Mandanten dran ist – also beispielsweise, wenn man dessen Buchhaltung macht –, desto frühzeitiger kann und muss man reagieren. Rechtzeitig den Finger heben. Da könnte es bei manchen Kollegen noch etwas mehr negative Beratungsbereitschaft geben.
Unangenehme Wahrheiten werden häufig nicht ausgesprochen?
Es beginnt schon damit, dass nicht jeder Buchhalter die nötige Sensibilität hat, auffällige Entwicklungen zu erkennen, die für eine drohende Zahlungsunfähigkeit sprechen. Das hat er im Übrigen auch nicht gelernt. Da liegt es am Kanzleiinhaber, diese Sensibilität zu schaffen. Und dann ist es natürlich sein Job, dem Mandanten zu verdeutlichen, dass er aktiv werden muss, schon um nicht selbst in Mithaftung zu geraten. Nicht jeder Berufsträger hat das schon komplett verinnerlicht, aber wir sind auch schon viel, viel weiter als noch vor zehn Jahren.
Wird künstliche Intelligenz in Zukunft das Erkennen drohender Insolvenzen erleichtern?
Davon bin ich überzeugt. Es wird künftig einen Automatismus geben, der an bestimmten Punkten Alarm schlägt. Den werden wir auch dringend brauchen, denn der Buchhalter wird das in Zukunft gar nicht mehr feststellen können, weil er selbst ja nicht mehr bucht, sondern die KI. Der Einsatz automatisierter Warnsysteme ist daher eine Notwendigkeit.
Auch für den Standort Deutschland blinken zurzeit die Warnleuchten. Wie würden Sie den restrukturieren?
Deutschland hat die Fähigkeit, auch in Zukunft eine erfolgreiche Volkswirtschaft zu sein. Die Rahmenbedingungen für eine gelungene Restrukturierung sind jedoch schwierig. Das liegt vor allem an einer Überbürokratisierung, die zum Teil auch auf die Europäische Union zurückzuführen ist. Wir müssen viel pragmatischer und unternehmensfreundlicher werden, die Staatsquote muss deutlich sinken, die Anreize, das in Deutschland reichlich vorhandene Humankapital wieder produktiver einzusetzen, müssen verbessert werden. Mit steigenden Transferleistungen, mehr Homeoffice und Rente mit 63 werden wir diese Volkswirtschaft nicht wieder nach oben bringen.
Sie fordern eine grundsätzlich andere Wirtschafts- und Sozialpolitik?
Das ist kein Appell nur an die Regierung, sondern an uns alle. Politik, Unternehmen, Arbeitnehmer: Alle müssen sich bewegen und etwas verändern. Ich glaube, es ist noch lange nicht bei allen angekommen, wie ernst die Lage ist, weil die Krise so schleichend kommt. Wir werden erst in den kommenden Jahren merken, was es bedeutet, dass die Ersatzinvestitionen momentan nicht mehr in Deutschland, sondern im Ausland erfolgen. Für ganze Berufsgruppen fällt die Daseinsberechtigung weg, und zwar auf Dauer. Das bedeutet, dass ein gewaltiger Transformationsprozess notwendig wird, auch für sehr viele Arbeitnehmer. Ich sage nicht, dass das aussichtslos ist, aber es setzt die Bereitschaft jedes Einzelnen voraus, daran mitzuwirken.
Wie müsste ein wirtschaftliches Sofortprogramm der künftigen Bundesregierung aussehen?
Wir brauchen Sofortmaßnahmen zum Abbau bürokratischer Hürden, die aktuell viele Investitionen verhindern oder verzögern. Und wir benötigen einen überparteilichen Konsens, welche Industrien und Technologien wir künftig in unserem Land haben wollen, für die wir dann die nötige Infrastruktur aufbauen. Eine Legislaturperiode wird dafür nicht reichen, deshalb muss dieser Konsens über die künftigen Regierungsparteien hinausgehen und die Opposition mit einbeziehen. Politiker neigen zu kurzfristigem Denken, weil alle vier Jahre Wahlen anstehen. Deshalb brauchen wir einen parteiübergreifenden Grundsatzplan für mittel- bis langfristige Investitionen, den die nächste Regierung nicht gleich wieder beseitigt.
Wie hoch würden Sie das Budget ansetzen?
Ich gehe davon aus, dass Wirtschaft und Politik über einen Zeitraum von fünf Jahren etwa 1,4 Billionen Euro in die Transformation der Wirtschaft investieren müssten – zusätzlich zu dem, was bisher geplant ist. Und da sind die Kosten für mehr Verteidigung und mögliche Strafzölle aufgrund des Regierungswechsels in den USA noch nicht einkalkuliert.
1,4 Billionen Euro? Die Ampel-Koalition ist an einem Streit über fünf bis acht Milliarden Euro zerbrochen. Woher soll das ganze Geld kommen?
Kein Volkswirt hätte ein Problem damit, die Schuldenbremse zu reformieren, wenn sichergestellt wäre, dass die Kredite für Zukunftsinvestitionen verwendet werden. Alle Parteien haben aber in der Vergangenheit zusätzliche Mittel dafür benutzt, Wahlgeschenke an ihre jeweilige Klientel zu verteilen oder den Staatsapparat zu vergrößern. Das ist unproduktiv, das bringt volkswirtschaftlich gar nichts. Bei einem Verschuldungsgrad von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wären zusätzliche Schulden kein Problem. Die Verwendung ist das Problem.
Sie haben einmal gesagt, Sie neigten nicht dazu, die Dinge schlechtzureden. Dann reden Sie uns die Dinge doch mal schön.
Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten mit global gesehen relativ wenig Menschen auf relativ kleiner Fläche eine unglaubliche Wirtschaftskraft erzeugt. Dieses Potenzial ist nach wie vor da. Es müssen aber alle an einem Strang ziehen, um es zu heben. Ich zeige dabei ganz bewusst nicht nur auf die Politik. Die Botschaft muss bei allen ankommen: bei den Unternehmen, den Managern, den Gewerkschaften, den Arbeitnehmern. Alle müssen ihr eigenes Anspruchsdenken hinterfragen und sich auf ein gemeinsames Ziel einigen. Wenn das gelingt, ist dieses Land zu Unglaublichem in der Lage.
Herr Geiwitz, vielen Dank für das Gespräch.
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