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Sanierung und Restrukturierung
Von Daniel Herper
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein angeschlagenes Unternehmen wieder in die Spur zu bringen. Neben gerichtlichen Verfahren gibt es auch außergerichtliche Maßnahmen, eine Krise zu überwinden. Zentraler Ansatz dabei ist jedoch eine regelmäßige Status-quo-Analyse im laufenden Betrieb.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage fordert Unternehmen in vielerlei Hinsicht heraus. Steigende Inflation, restriktive Zinspolitik, hohe Energiekosten und der anhaltende Fachkräftemangel setzen nahezu allen Branchen zu. Besonders betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die häufig nur über begrenzte Ressourcen und Handlungsspielräume verfügen. Gleichzeitig stehen viele KMU vor der Herausforderung, dass ihre Geschäftsleitung oft auch Eigentümer des Unternehmens ist – eine Doppelrolle, die eine Entscheidungsfindung und generell die Verantwortung zusätzlich verkomplizieren. Angesichts dieser spezifischen Rahmenbedingungen ist es für die Unternehmensführung essenziell, sich frühzeitig mit möglichen Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen zu beschäftigen. Dabei gilt: Nicht alle Instrumente eignen sich gleichermaßen für KMU. Zwar sind viele Ansätze grundsätzlich anwendbar, jedoch müssen sie immer im Kontext der individuellen Unternehmenssituation bewertet werden. Ein zentraler Punkt ist jedoch die regelmäßige Status-quo-Analyse, die Unternehmen in die Lage versetzt, Krisen rechtzeitig zu erkennen und proaktiv zu bewältigen.
Status-quo-Analyse
Eine der Hauptpflichten einer jeden Geschäftsleitung ist also die kontinuierliche Überwachung potenziell existenzgefährdender Risiken, wie sie in § 1 Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) beschrieben wird. Dies umfasst insbesondere eine präzise Analyse der Finanz- und Liquiditätslage des Unternehmens. Als Mindeststandard sollte eine Liquiditätsplanung für wenigstens zwölf Monate vorliegen. Ergänzend bietet sich eine detaillierte Liquiditätsplanung für die kommenden 13 Wochen an, die eine noch exaktere Steuerung erlaubt. In der Praxis zeigen sich hier häufig Schwächen, da KMU nicht immer über ausreichende betriebswirtschaftliche Planungsprozesse verfügen. Dennoch sind die gesetzlichen Anforderungen strikt zu erfüllen, da Versäumnisse erhebliche Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung mit sich bringen können. Neben der finanziellen Analyse ist das Stakeholder Mapping ein unverzichtbares Werkzeug. Es hilft, die Interessen und Machtverhältnisse der wichtigsten Anspruchsgruppen – wie Gläubiger, Lieferanten, Mitarbeiter oder Investoren – zu identifizieren und zu bewerten. So können strategische Entscheidungen mit einem ganzheitlichen Blick getroffen werden. Zusätzlich sollte die Geschäftsleitung prüfen, ob interne oder externe Informationspflichten bestehen. Für Fremdgeschäftsführer können Berichte an Gesellschafter oder Aufsichtsorgane erforderlich sein. Ebenso können Banken und andere Gläubiger – etwa auf Basis bestehender Kreditverträge – eine regelmäßige Information über die wirtschaftliche Lage fordern. Im weiteren Verlauf der Krise ist schließlich zu klären, ob nach der Insolvenzordnung (InsO) zwingende Insolvenzgründe, wie etwa Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO), vorliegen. Diese Prüfungen erfordern in der Regel anwaltliche Unterstützung, vor allem, wenn gerichtliche Sanierungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden.
Konsensuale Sanierung
Konsensuale Sanierungen gehören zu den effektivsten Strategien, um Unternehmen in Krisensituationen zu stabilisieren. Sie basieren auf einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern sowie anderen Stakeholdern. Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die Auswirkungen einer Krise minimieren und langfristige Perspektiven schaffen. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen konsensualen Sanierung ist eine frühzeitige und transparente Kommunikation. Diese sollte immer auf Grundlage eines Sanierungsplans erfolgen, der klare Vorstellungen über die notwendigen Sanierungsbeiträge Dritter enthält. Dabei entscheidend ist, die Gläubiger nicht bloß als Problemlöser einzubinden, sondern konkrete Lösungsansätze zu präsentieren. Zu den gängigen Maßnahmen zählen unter anderem:
Weitere Maßnahmen umfassen Gehaltsverzichte von Geschäftsführung und Mitarbeitern, Kurzarbeit oder Verhandlungen über verlängerte Zahlungsziele mit Lieferanten. Diese Schritte können dazu beitragen, die Krise zu bewältigen und das Unternehmen nachhaltig zu stabilisieren. Voraussetzung ist jedoch immer die Zustimmung der beteiligten Gläubiger.
Sanierungsverfahren mit qualifizierten Mehrheiten
Sanierungsverfahren, die qualifizierte Mehrheiten erfordern, wie etwa das StaRUG-Verfahren, bieten Unternehmen eine strukturierte Möglichkeit, finanzielle Krisen zu bewältigen. Dieses Verfahren ist insbesondere auf die finanzwirtschaftliche Restrukturierung von Unternehmen ausgerichtet, die drohend zahlungsunfähig (§ 18 InsO) sind. Kernelement des StaRUG ist ein Restrukturierungsplan, der gezielte Eingriffe in die Rechte der Gläubiger ermöglicht, etwa durch Änderungen von Zahlungsmodalitäten oder Anteilsrechten. Ein besonderes Merkmal ist der sogenannte cross-class cram-down: Dadurch können Maßnahmen auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden, sofern diese in einem Insolvenzverfahren keine oder nur geringe Befriedigung erwarten könnten (§ 199 InsO). Voraussetzung für die Umsetzung des Plans ist die Zustimmung von 75 Prozent der Gläubiger. Für KMU erscheint das StaRUG-Verfahren auf den ersten Blick komplex und beratungsintensiv. Die Praxis seit seiner Einführung im Jahr 2021 zeigt jedoch, dass es auch für KMU geeignete Anwendungsmöglichkeiten bietet – vorausgesetzt, diese setzen mit den gesetzlichen Anforderungen frühzeitig auseinander.
Gerichtliche Sanierungsverfahren
Zu den gerichtlichen Sanierungsverfahren gehört das Eigenverwaltungsverfahren, das in manchen Fällen als Schutzschirmverfahren ausgestaltet ist. Dieses Verfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit, während des gesamten Prozesses die Kontrolle über operative Entscheidungen zu behalten. Gleichzeitig wird ein gerichtlich bestellter Sachwalter eingesetzt, der das Verfahren überwacht. Ein Vorteil des Eigenverwaltungsverfahrens ist die Möglichkeit, auch in operative Verträge eingreifen zu können. So ist es möglich, einzelne Vereinbarungen selektiv zu beenden und Personalmaßnahmen leichter umzusetzen. Zudem entlastet eine Finanzierung durch Insolvenzgeld den Personalaufwand für bis zu drei Monate – ein entscheidender Faktor für Unternehmen mit begrenzten finanziellen Mitteln. Allerdings sollte nicht unterschätzt werden, dass ein Eigenverwaltungsverfahren ausreichend Zeit für die Vorbereitung bedarf, um erfolgreich zu sein. Entscheidend ist ein strukturiertes und professionell vorbereitetes Sanierungskonzept. Damit einhergehend sollte auch ein Kommunikationskonzept erstellt werden, um die betroffenen Vertragspartner in die Sanierung einzubeziehen, sodass die Liefer- und Leistungsbeziehungen fortgesetzt werden können. Mit einer positiven Haltung zur Sanierung lassen sich über das Eigenverwaltungsverfahren in vielen Fällen beeindruckende Ergebnisse erzielen. Wichtig ist hierbei, alle Stakeholder aktiv einzubinden und gemeinsam auf eine nachhaltige Stabilisierung des Unternehmens hinzuarbeiten.
Fazit
Die KMU stehen in der aktuellen wirtschaftlichen Lage vor besonderen Herausforderungen. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit Sanierungs- und Restrukturierungsoptionen ist entscheidend, um Krisen aktiv bewältigen zu können. Gleich, ob außergerichtliche Ansätze wie Stundungen und Factoring oder gerichtliche Verfahren wie das StaRUG oder Eigenverwaltungsverfahren – für KMU gibt es zahlreiche Möglichkeiten, ihre finanzielle Stabilität zurückzugewinnen. Der Schlüssel liegt in einer genauen Analyse der individuellen Unternehmenssituation sowie einer frühzeitigen Einbindung von Experten.
Daniel Herper, LL.M.
Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei FPS in Frankfurt/M. Er hat sich auf M&A-Transaktionen und Restrukturierungen spezialisiert und berät die Organe krisenbehafteter Unternehmen, sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht. Dabei begleitet er sie während Krisen und gerichtlichen Sanierungsverfahren (Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren).
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