Perspektiven

„Die Menschen hinter den Zahlen zu sehen ist wichtig“

Robert Mayr

Die deutsche Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen, doch durch vorausschauendes Risikomanagement und datenbasierte Entscheidungen können Steuerberater den Mittelstand stabilisieren und Arbeitsplätze sichern.

Sie gehörte in jeden deutschen Haushalt, auch im Hause Mayr durfte sie nicht fehlen: Tupperware. Mein Schulpausenbrot war in einer Tupper-Brotzeitbox eingepackt. Und das meiner Kinder auch. Der amerikanische Frischhalteboxenhersteller hat in Deutschland Insolvenz angemeldet. Immer mehr bekannte Marken geraten finanziell ins Straucheln, dar unter viele deutsche Traditionsunternehmen – im Einzelhandel, in der Autozulieferer- oder in der Baubranche. Die Zahl der Regelinsolvenzen in Deutschland stieg laut Destatis im Dezember 2024 um 14,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Für das gesamte Jahr 2024 beträgt der Anstieg 16,8 Prozent im Vergleich zu 2023. Tausende Arbeitsplätze und die Zukunft vieler kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) stehen auf dem Spiel. Dass so viele Unternehmen Insolvenz anmelden mussten, zeigt die ernste Lage. Der DATEV Mittelstandsindex bestätigt dies: Im Januar 2025 wiesen die nominalen Umsätze der mittelständischen Unternehmen saison- und kalenderbereinigt nur einen leichten Zuwachs von 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat aus. Kleinstunternehmen verzeichneten sogar einen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent.

Kombination aus externen und strukturellen Faktoren

Die Ursachen sind vielfältig: Hohe Energie kosten, Materialengpässe, überbordende Bürokratie, demografischer Wandel und Fachkräftemangel belasten die Wirtschaft. Inflation und geopolitische Unsicherheiten schränken den Handlungsspielraum zusätzlich ein. Besonders kritisch ist der erschwerte Zugang zu Liquidität: Viele KMU können ihre Zahlungsfähigkeit nicht sichern, da die Eigenkapitalquoten rückläufig sind. Laut dem KfW-Mittelstandspanel 2024 lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote 2023 bei 30,6 Prozent – ein Rückgang um 0,6 Prozentpunkte. Unternehmen mit niedrigen Quoten sind besonders anfällig für finanzielle Schocks. In meiner Zeit als Wirtschaftsprüfer erlebte ich oft, wie Insolvenzen nicht nur Unternehmen, sondern auch Mitarbeiter und Lieferketten erschütterten. Diese Erfahrungen haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, nicht nur Zahlen zu sehen, sondern auch die Menschen hinter den Unternehmen – ihre Sorgen und Hoffnungen. Deshalb setze ich mich bis heute für eine stabile Basis für Wachstum und Innovation im Mittelstand ein.

Steuerberater unverzichtbar in der Krise

Die alarmierenden Zahlen des DATEV Mittelstandsindex zeigen, wie eng wirtschaftliche Stabilität und das frühzeitige Erkennen von Risiken zusammenhängen. Steuerberater spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie helfen Unternehmen, ihre finanzielle Situation zu verstehen und beraten präventiv, um Insolvenzen zu vermeiden. Kürzlich traf ich eine Steuerberaterin, die den DATEV Mittelstandsindex begeistert in ihrer Arbeit nutzt. Sie setzt die Daten gezielt in Mandantengesprächen ein, um wirtschaftliche Entwicklungen und Risiken zu kommunizieren. Dieses Vorgehen zeigt, wie wertvoll datenbasierte Erkenntnisse für eine vorausschauende Beratung sind – ein echter Gewinn für den Berufsstand. Schon 2020 habe ich in meiner Kolumne den Begriff des Lotsen geprägt. Es sind schließlich die Steuerberater, die ihre Mandanten sicher durch schwierige Zeiten navigieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in Krisenzeiten ist unsere Expertise unverzichtbar. Der Blick in die Zahlen Ihrer Mandanten hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten. Sie sind nicht nur Begleiter, sondern strategische Partner Ihrer Kunden. Ihre Arbeit sichert Arbeitsplätze, stärkt den Mittelstand und schafft Perspektiven. Gemeinsam legen wir den Grundstein für Stabilität und Innovation im deutschen Mittelstand.


Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und promovierte Diplom-Kaufmann Robert Mayr ist seit 2016 CEO der DATEV eG. Mayr ist zudem seit 2012 Vizepräsident der Steuerberaterkammer Nürnberg. Er ist Senator in der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), Rechnungsprüfer des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und im Hauptvorstand des Bitkom e.V. Mayr engagiert sich ehrenamtlich in der Hochschullehre, er hat einen Lehrauftrag an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, wo er neue Technologien im Steuerwesen untersucht. Für dieses Engagement ist ihm im Sommer 2022 der Titel „Honorarprofessor“ verliehen worden.

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