Perspektiven

„Interpretation, Beratung und strategische Begleitung“

Robert Mayr

Das erste Viertel des 21. Jahrhunderts hat die Welt grundlegend verändert – wirtschaftlich, politisch und technologisch. Was unseren Berufsstand am stärksten geprägt hat und welche Chancen und Herausforderungen die Zukunft noch bringt.

Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie vor einem Vierteljahrhundert gearbeitet haben? Ich war zu jenem Zeitpunkt gerade zwei Jahre Steuerberater. Die wichtigsten Hilfsmittel meiner ersten Berufsjahre waren Papier, Stempel und das gute, alte Faxgerät. Nicht mehr ansatzweise zu vergleichen mit der heutigen Arbeitsweise in Kanzleien. So wie heute vieles anders ist als im Jahr 2000.

Die ersten 25 Jahre dieses Jahrhunderts waren von tiefgreifenden Umbrüchen geprägt: Wir erlebten zahlreiche politische Veränderungen, die internationale Beziehungen, nationale Identitäten und gesellschaftliche Strukturen nachhaltig beeinflussten – und nicht zuletzt auch geopolitische Spannungen sowie die Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie, die bis heute in unseren Beratungszimmern spürbar sind. Wirtschaftlich mussten wir zunächst die Finanzkrise von 2008 und die Euro-Schuldenkrise bewältigen, bevor die Globalisierung neue Chancen eröffnete – jedoch auch Abhängigkeiten schuf, die in Zeiten unterbrochener Lieferketten und hoher Inflation schmerzlich spürbar wurden. Und dann ist da noch der technische Fortschritt: Die Digitalisierung hat unseren Beruf grundlegend verändert – und das nicht nur auf dem Papier.

Von der Zettelwirtschaft zur Beratung

Blicken wir zurück auf das Jahr 2000: Damals wurden Steuererklärungen auf Papier ausgefüllt, Belege in dicken Ordnern gesammelt, und in den Kanzleien stapelten sich physische Akten. Vieles davon gehört heute (glücklicherweise) der Vergangenheit an. Die Digitalisierung hat unsere Arbeitsweise revolutioniert. Automatisierte Prozesse, KI-gestützte Analysen und elektronische Schnittstellen sind aus der Steuerberatung nicht mehr wegzudenken. Doch bei allen Erleichterungen stellt sich auch die Frage: Wie bleibt der Berufsstand relevant, wenn Maschinen immer mehr Aufgaben übernehmen? Steuerberater sind längst mehr als Zahlenjongleure – sie sind Stabilitätsanker, Lotsen in Krisenzeiten und Treiber der Digitalisierung im Mittelstand. Spätestens seit der Corona-Pandemie agieren sie als Krisenmanager, die Mandanten durch Förderprogramme und steuerliche Sonderregelungen navigieren. Durch neue Regulierungen, einen wachsenden Steuerwettbewerb und eine komplexe Welt werden sie weiterhin gefordert. Die Einführung der E-Rechnung beschleunigt die Automatisierung und schafft Raum für strategische Beratung.

Was als gesetzliche Vorgabe in diesem Jahr begonnen hat, eröffnet enormes Potenzial: Strukturierte Datenformate wie ZUGFeRD oder XRechnung ermöglichen durchgängige Prozesse, reduzieren Fehlerquellen und schaffen Freiräume für Beratung und strategische Mandatsbetreuung. Gleichzeitig wächst die Bedeutung künstlicher Intelligenz: Sie erkennt Auffälligkeiten in der Buchführung oder unterstützt bei der Zusammenfassung mehrseitiger Dokumente und zwar innerhalb von Sekunden. In der DATEV KI-Werkstatt entstehen derzeit praxisnahe Tools, die uns bei Routineaufgaben entlasten. Und das ist erst der Anfang: Quantencomputing könnte langfristig helfen, komplexe wirtschaftliche und steuerliche Optimierungsaufgaben deutlich schneller zu lösen – etwa in der Prognose, Risikoanalyse oder der Compliance. Noch ist das Forschung – aber DATEV forscht mit und hört den Takt der Zukunft schon heute.

Ein optimistischer Blick nach vorn

Der Wandel hat uns über die letzten 25 Jahre begleitet – und er wird uns auch in Zukunft nicht loslassen. Doch wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann dies: Unser Berufsstand hat sich immer wieder neu erfunden, Herausforderungen gemeistert und Chancen genutzt. Lassen Sie uns also gemeinsam nach vorn blicken, denn die besten Jahre der Steuerberatung könnten noch vor uns liegen.

Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und promovierte Diplom-Kaufmann Robert Mayr ist seit 2016 CEO der DATEV eG. Mayr ist zudem seit 2012 Vizepräsident der Steuerberaterkammer Nürnberg. Er ist Senator in der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), Rechnungsprüfer des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und im Hauptvorstand des Bitkom e.V. Mayr engagiert sich ehrenamtlich in der Hochschullehre, er hat einen Lehrauftrag an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, wo er neue Technologien im Steuerwesen untersucht. Für dieses Engagement ist ihm im Sommer 2022 der Titel „Honorarprofessor“ verliehen worden.

Folgen Sie mir gerne auf LinkedIN.

Sie Verwenden einen veralteten Browser oder den IE11 im Kompatiblitätsmodus. Bitte deaktivieren Sie diesen Modus oder nutzen Sie einen anderen Browser!