Grenzenlos erben: Die wichtigsten Aspekte der internationalen Erbschaftsteuerplanung

Von Hergen Kassuba

In einer globalisierten Welt ist es längst keine Ausnahme mehr, dass Vermögen grenzüberschreitend vererbt oder verschenkt wird. Familien leben in verschiedenen Ländern, Immobilien oder Beteiligungen liegen im Ausland, und auch Unternehmensnachfolgen machen vor nationalen Grenzen keinen Halt. Doch genau hier lauern steuerliche Risiken, denn das deutsche Erbschaftsteuerrecht kennt seine eigenen Regeln – und diese kollidieren nicht selten mit ausländischen Vorschriften.

Symbolbild Erbschaftsteuerplanung: Taschenrechner und Kugelschreiber liegen auf Dokumenten mit Zahlen

Wer muss in Deutschland Erbschaftsteuer zahlen? Das deutsche Erbschaftsteuerrecht unterscheidet zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht:

  • Unbeschränkte Steuerpflicht besteht, wenn entweder der Erblasser oder der Erbe seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. In diesem Fall unterliegt der gesamte weltweite Vermögensanfall der deutschen Erbschaftsteuer.
  • Beschränkte Steuerpflicht greift, wenn weder Erblasser noch Erbe in Deutschland ansässig sind. Dann wird nur das sogenannte Inlandsvermögen, zum Beispiel Immobilien oder qualifizierte Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Deutschland, im Sinne § 121 Bewertungsgesetz (BewG) besteuert – allerdings möglicherweise mit reduzierten Freibeträgen, sofern neben dem Inlandsvermögen auch weiteres nicht in Deutschland steuerpflichtiges Vermögen vererbt wird.

Besonders relevant: Auch deutsche Staatsbürger, die ins Ausland gezogen sind, gelten noch bis zu fünf Jahren nach Wegzug als unbeschränkt steuerpflichtig. Im Verhältnis zu den USA verlängert sich diese Frist auf zehn Jahre (Art. 4 Abs. 3 lit. c DBA USA ErbSt).

Wenn der Erbe im Ausland lebt

Lebt der Erbe im Ausland, kann er doppelt zur Kasse gebeten werden: Einmal in Deutschland – und zusätzlich im Wohnsitzstaat. Denn viele Länder erheben ebenfalls Erbschaftsteuern auf weltweite Erwerbe ihrer Steuerpflichtigen. Hier helfen nur zwei Strategien:

1. Prüfung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): Deutschland hat nur mit sechs Staaten (u. a. Frankreich, Schweiz, USA) ein DBA auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer abgeschlossen. Unter Umständen wird eine Doppelbesteuerung durch die Freistellungs- oder Anrechnungsmethode abgemildert oder verhindert.

2. Steueranrechnung (§ 21 ErbStG): Besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), kann bei unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland die im Ausland gezahlte Steuer ganz oder teilweise angerechnet werden. Voraussetzung ist u.a., dass es sich um denselben Erwerb handelt, die ausländische Steuer tatsächlich entrichtet wurde und es sich aus der Sicht des ausländischen Staates um eine Steuer auf ausländisches Vermögen handelt.

Wenn der Erblasser im Ausland lebt

Hat der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland, ist eine deutsche Steuerpflicht dennoch nicht ausgeschlossen:

1. Gibt es bestimmtes Inlandsvermögen (§ 121 BewG), entsteht hier ggf. eine beschränkte Steuerpflicht.

2. Ist der Erbe in Deutschland ansässig, greift wieder die unbeschränkte Steuerpflicht – auch für Vermögen, das vollständig im Ausland liegt.

Zudem kommt es häufig zu unterschiedlichen rechtlichen Würdigungen, wenn deutsche Besonderheiten wie Pflichtteilsrechte, Nießbrauch oder Testamentsvollstreckung in anderen Ländern nicht bekannt sind. Zudem legt jeder Staat ein DBA nach seinen Rechtsgrundsätzen aus, so dass es zu unterschiedlichen Steuerfolgen, sogenannten Qualifikationskonflikten, kommen kann. Dies kann zu steuerlichen Nachteilen und Mehrfachbelastungen führen.

Praxisbeispiel

Ein deutsches Ehepaar besitzt Immobilien in Spanien und Deutschland. Die Tochter lebt seit Jahren in der Schweiz. Nach dem Tod des Vaters erbt die Tochter die spanische Finca und Anteile an einer deutschen GmbH:

• In Deutschland unterliegt der gesamte Erwerb der unbeschränkten Steuerpflicht.

• In Spanien fällt für die Finca ebenfalls Erbschaftsteuer an.

• Zwischen Deutschland und Spanien existiert kein DBA in Erbsachen.

• Die spanische Steuer kann nach § 21 ErbStG in Deutschland nicht angerechnet werden.

• In der Schweiz gelten ebenfalls Meldepflichten – hier entsteht ein internationaler Erbfall mit hoher Komplexität, bei dem u.a. die Regelungen des deutsch-schweizerischen DBA zu beachten sind.

Was hat das mit der deutschen Erbschaftsteuer zu tun?

Mehr als man auf den ersten Blick denkt. Die deutsche Erbschaftsteuer wirkt oft wie ein nationales Thema – doch sie entfaltet Wirkung weit über die Landesgrenzen hinaus. Warum?

Unbeschränkte Steuerpflicht reicht über Ländergrenzen hinweg.

Inlandsvermögen bleibt ggf. steuerpflichtig – auch wenn alle Beteiligten im Ausland leben.

Keine weltweiten Doppelbesteuerungsabkommen: Die Gefahr der Doppel- oder sogar Dreifachbesteuerung ist real.

Regionale Unterschiede im Umgang mit Vermögensarten wie Unternehmensanteilen, Immobilien oder Stiftungen können zu unterschiedlichen Besteuerungsansätzen führen.

Für Steuerpflichtige bedeutet das: Wer international lebt oder Vermögen im Ausland besitzt, muss bei der Nachfolgeplanung den deutschen Fiskus immer mitdenken.

Tipps zur Vermeidung steuerlicher Fallstricke

1. Frühzeitig planen internationale Vermögensstruktur analysieren.

2. Doppelbesteuerung vermeiden mögliche DBA oder Anrechnungsoptionen prüfen.

3. Steuerliche Auswirkungen im In- und Ausland prüfen – inklusive ertragsteuerlicher Folgefragen.

4. Schenkungsstrategien überdenken insbesondere bei Unternehmensnachfolge.

5. Freibeträge optimal nutzen – durch gestaffelte Übertragungen oder strukturierte Vermögensweitergabe.

6. Auf Fristen achten zum Beispiel fünfjährige Rückwirkung für Wegzügler oder Antragsfristen zur Steueranrechnung.

Fazit

Internationale Erbfälle sind rechtlich und steuerlich hochkomplex. Wer hier nicht frühzeitig plant, riskiert Doppelbesteuerung, hohe Steuerlasten und unnötige Konflikte mit den Behörden im In- und Ausland. Mit einer klugen Planung, der richtigen Strukturierung des Vermögens und professioneller Beratung lassen sich viele Stolpersteine vermeiden. Grenzenlos zu erben ist möglich – aber nur mit dem richtigen Kompass.

Dipl-Oec. Hergen Kassuba

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

Bremen

Sie Verwenden einen veralteten Browser oder den IE11 im Kompatiblitätsmodus. Bitte deaktivieren Sie diesen Modus oder nutzen Sie einen anderen Browser!