Neue Spielregeln für Kleinunternehmer

Von: Constanze Elter

Die Sonderregeln für die Umsatzsteuer von Kleinunternehmern gelten jetzt auch bei grenzüberschreitenden Geschäften. Die Umsatzgrenzen können sich dabei zu Fallstricken entwickeln, wie Rechtsanwalt Dr. Jochen Tillmanns erläutert. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.

Sprungfeder: Neue Spielregeln und Vorgaben für Kleinunternehmer

Die Kleinunternehmerregelung, so wie sie war, ist Geschichte. Das Jahressteuergesetz 2024 gab den Takt vor, und das BMF-Schreiben vom 18. März 2025 sorgt nun für die richtigen Töne. Für die Betroffenen selbst dürfte die Nachricht, dass die Umsatzgrenzen erneut angepasst werden, die wichtigste sein: Der Umsatz im Vorjahr darf jetzt höchstens 25.000 Euro statt wie bislang 22.000 Euro betragen. Am oberen Ende ist bei 100.000 Euro Umsatz im laufenden Jahr Schluss mit der Kleinunternehmerregelung. Und das gilt – im Gegensatz zu früher – mit sofortiger Wirkung. Rechtsanwalt Dr. Jochen Tillmanns erläutert diese Fallbeilregelung: „Wenn ich im laufenden Jahr diese 100.000 Euro überschreite, dann ist der Umsatz, der die Grenze überschreitet, steuerpflichtig. Das gilt auch für alle folgenden Umsätze. Und das ist eine administrative Komponente, die es zwingend im Blick zu haben gilt.“ Wenn Mandanten, die die Kleinunternehmerregelung nutzen, diese Grenzen überschreiten, muss sehr schnell gehandelt werden, um letztlich nicht größeren Problemen gegenüberzustehen.

Denn es geht nicht mehr um eine Prognoseentscheidung zu Beginn eines Jahres, um nachvollziehbar darzulegen, dass die Umsatzgrenze des laufenden Jahres nicht gerissen wird, sondern um tatsächliche Umsätze, die ab sofort jenseits der Grenze zur Umsatzsteuerpflicht führen. Dies schlägt sich auch in den neuen Vordrucken zur Umsatzsteuervoranmeldung nieder, in denen der Wechsel von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung mit Datum eingetragen werden muss. Jochen Tillmanns weist auf mögliche weitere Schwierigkeiten hin: „Wenn es unterjährig auf den Leistungszeitpunkt ankommt und mit diesem Umsatz die Grenze überschritten wurde, kann es beispielsweise zu Problemen kommen, wenn der Leistungszeitpunkt falsch bestimmt wurde. Das wird spätestens dann schwierig, wenn einige Jahre später eine Betriebsprüfung den Leistungszeitpunkt womöglich anders bestimmt und die Rechtsfolgen der Umsatzüberschreitung zu einem anderen Zeitpunkt eintreten.“

Hinweispflicht auf der Rechnung

Zudem zählen nicht mehr die Brutto-, sondern die Nettoumsätze. Mit Blick auf die Grenze des Vorjahresumsatzes bedeutet das für Selbstständige im Jahr 2025, dass aus dem tatsächlichen Umsatz 2024 die Umsatzsteuer herausgerechnet werden muss, um diesen mit der neuen Untergrenze von 25.000 Euro zu vergleichen. Darüber hinaus gilt die Kleinunternehmerregelung künftig als echte Steuerbefreiung. Bisher wurde die Umsatzsteuer in solchen Fällen aus Gründen der Vereinfachung „nicht erhoben“, ab 2025 sind Umsätze von Kleinunternehmern ausdrücklich von der Umsatzsteuer befreit. Auf diese Steuerbefreiung müssen Kleinunternehmer in ihren Rechnungen hinweisen, wobei die Finanzverwaltung keine bestimmte Formulierung vorgibt. Dem BMF-Schreiben zufolge ist eine Angabe in „umgangssprachlicher Form“ ausreichend, zum Beispiel „steuerfreier Kleinunternehmer“, wenn sie „die Steuerfreiheit für Kleinunternehmer eindeutig bezeichnet.“ In der Praxis bleibt es für Betroffene dabei, dass sie keinen Vorsteuerabzug nutzen dürfen.

Komplexer wird die Runderneuerung der Kleinunternehmerregelung beim steuerlichen Blick über die Grenze. Denn seit Jahresbeginn können Kleinunternehmer die Regelung auch für Umsätze im EU-Ausland anwenden, sofern der Gesamtumsatz im EU-Ausland im Vorjahr und im aktuellen Jahr jeweils nicht mehr als 100.000 Euro netto beträgt. Dann kommt es wiederum auf die Regelungen des einzelnen Mitgliedstaats an. „Und da habe ich auch die Möglichkeit, beispielsweise zu sagen, ich möchte in Italien der Regelbesteuerung unterliegen, jedoch in Frankreich Kleinunternehmer sein“, führt Rechtsanwalt Jochen Tillmanns aus. „Ich muss aber die Grenze von jeweils 100.000 Euro im Blick haben. Ich kann daher Kleinunternehmer im Ausland sein, im Ausland aber Regelbesteuerer im Inland. Das sind zwei völlig unabhängig voneinander laufende Fragestellungen.“ Eine weitere Kategorie ist beispielsweise der im EU-Ausland ansässige Unternehmer, der in Deutschland Leistungen erbringt. Viele verschiedene Sachverhalte, die gerade für Mandanten im Kleinunternehmerbereich schwierig zu überblicken sind, findet Jochen Tillmanns: „Und das ist die Krux an den ganzen Regelungen, die jetzt Einzug gehalten haben. Die Idee an sich ist gut und kann für viele Bereiche nutzbar gemacht werden. Im Alltag dürfte es allerdings für Mandanten eine erhebliche Herausforderung sein, einerseits die inländischen Umsatzgrenzen im Blick zu haben und andererseits die EU-weit geltenden Grenzen – plus die Tatsache, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regeln gelten.“

Risiko bei Tätigkeit im EU-Ausland

Wer die Kleinunternehmerregelung auf EU-Ebene in Anspruch nehmen will, kann sich beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren. Die Behörde stellt für einen ersten Überblick einen Fragen- und Antwortkatalog zur Verfügung. Tillmanns hält es aber für ein erhebliches Risiko, als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer ohne steuerliche Beratung im EU-Ausland zu agieren: „Ich muss nicht nur die Grenzen kennen, sondern auch das Zusammenspiel verstehen sowie die Folgen, wenn ich die Grenze von 100.000 Euro im EU-Ausland überschreite.“ Für Berater sei es enorm wichtig, sich eng mit den betroffenen Mandanten auszutauschen – und klare Vorgaben zu machen, worauf sie achten müssen. „Letztlich muss ich dafür sorgen, dass die Informationen konstant an mich herangetragen werden. Das besondere Meldeverfahren sieht zwar vor, dass nur quartalsmäßig gemeldet wird. Wenn ich jetzt das Ganze aber nur alle drei Monate im Blick habe, etwa bei frisch gegründeten Unternehmen, kann es unter Umständen sein, dass die Grenzwerte schon überschritten wurden und es dann bereits zu spät ist.“

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