Folge 2

Die Kassen-Nachschau: Gesetzliche Zwangslage

Seit dem 1.1.2018 ist nicht nur die zweite Kassenrichtlinie verbindlich, sondern mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen kam die unangekündigte Kassen-Nachschau hinzu. Viele Mandanten sind darauf immer noch unzureichend vorbereitet und setzen Registrierkassen ein, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Auch bei denjenigen, die eine offene Ladenkasse führen, besteht Nachholbedarf, etwa bei der Einzelaufzeichnungspflicht. Das müssen Mandanten jetzt berücksichtigen.

Der Gesetzgeber meint es ernst: Nachdem bereits Anfang 2017 die Frist für die Übergangsregelung der zweiten Kassenrichtlinie aus dem Jahr 2010 ausgelaufen ist, beginnt nun die zweite Stufe der Bekämpfung von Kassenmanipulationen. Prüfer dürfen unangekündigt in Geschäften und Betrieben auftauchen und die Kasse prüfen. Dabei geht es nicht nur darum, wie die Kasse selbst programmiert ist und welche Daten sie aufzeichnet. Auch das Verhalten der Mitarbeiter bei der Bedienung der Kasse kommt auf den Prüfstand und dabei gibt sich der Prüfer zunächst einmal nicht zu erkennen.

§ 146b AO erlaubt umfassende Prüfung

Die Befugnisse des Prüfers regelt § 146b der Abgabenordnung. Darin heißt es: „Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Kassen-Nachschau). Der Kassen-Nachschau unterliegt auch die Prüfung des ordnungsgemäßen Einsatzes des elektronischen Aufzeichnungssystems nach § 146a Absatz 1."

Dabei haben die Steuerpflichtigen erhebliche Mitwirkungspflichten, was die Überlassung von Unterlagen angeht: „Die von der Kassen-Nachschau betroffenen Steuerpflichtigen haben dem mit der Kassen-Nachschau betrauten Amtsträger auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen über die der Kassen-Nachschau unterliegenden Sachverhalte und Zeiträume vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung der Erheblichkeit nach Absatz 1 geboten ist", heißt es in Absatz (2).

Einzelaufzeichnung und tägliche Erfassung ist Pflicht

Im Rahmen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen wurden auch die Anforderungen an die Ordnungsvorschriften im Sinne des § 146 AO konkretisiert. So ist erstmalig die Einzelaufzeichnungspflicht gesetzlich kodifiziert. Demnach sind künftig Buchungen und sonstige erforderliche Aufzeichnungen grundsätzlich

  • einzeln,
  • vollständig,
  • zeitgerecht und
  • geordnet

vorzunehmen. Eine Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht ist nur unter ganz bestimmten Umständen möglich. Zudem sind Kasseneinnahmen und -ausgaben generell täglich festzuhalten (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO).

Durch das Gesetz werden zwar die Anforderungen an die Kassenführung verschärft, jedoch keine explizite Registrierkassenpflicht eingeführt. Auch die Verwendung einer so genannten offenen Ladenkasse ist weiterhin zulässig. Dabei ist jedoch zu beachten, dass handschriftliche Einzelaufzeichnungen zu führen sind. Nur Steuerpflichtige, die Waren an eine Vielzahl von unbekannten Personen verkaufen und denen es nicht zuzumuten ist, dass handschriftliche Einzelaufzeichnungen geführt werden, dürfen ihre Bareinnahmen und -ausgaben anhand eines retrograden Kassenberichts nachvollziehbar dokumentieren. „Es ist zu erwarten, dass im Rahmen der neu eingeführten Kassen-Nachschau die Mandanten mit offenen Ladenkassen besonders geprüft werden", warnt Stephan Greulich, Experte für Grundsatzfragen der Ordnungsmäßigkeit und Tax Compliance bei der DATEV eG.

Aktuell macht der Gesetzgeber keine konkreten Vorgaben zur inhaltlichen Ausgestaltung der Kassenaufzeichnung, was sich jedoch durch die einheitliche digitale Schnittstelle vom 01.01.2020 an ändern wird. Die Schnittstelle diene der reibungslosen Datenübertragung für Prüfungszwecke und der ordnungsgemäßen Auslagerung der Daten in ein Archivsystem, so Greulich.

Da die einheitliche Schnittstelle erst ab 2020 greift, werden sich die Prüfungsinhalte bei einer Kassen-Nachschau nach Einschätzung von Stephan Greulich eher auf eine Systemprüfung inkl. Testkäufe konzentrieren. Im Rahmen einer Kassen-Nachschau ist allerdings auch ein Kassensturz möglich, das heißt es erfolgt ein Abgleich des Kassen-Ist-Bestandes mit dem Soll-Bestand. Unter anderem deshalb ist es zwingend notwendig, dass der Steuerpflichtige seine Kasse auch tatsächlich täglich führt, wie dies im neuen § 146 Abs. 1 S. 2 AO gefordert wird.

Archivierung der Kassendaten ist der Knackpunkt

Spätestens seit dem 01.01.2017 sind die Kasseneinzeldaten über den kompletten Archivierungszeitraum vorzuhalten und gegebenenfalls in maschinell auswertbarer Form der Finanzverwaltung zur Verfügung zu stellen. Eine Verdichtung der Daten oder die bloße Archivierung der summarischen Tagesummen ist unzulässig. Für die ordnungsmäßige Aufbewahrung der Daten bedarf es eines entsprechenden Archivs für Kassendaten. Die Archivierung kann der Mandant laut Gesetz zwar auch auf einem unveränderbaren Speichermedium vornehmen; allerdings bergen DVD, USB-Stick & Co. die Gefahr einer zu kurzen Lebensdauer. Mehr Sicherheit verspricht die Archivierung in einem professionellen Rechenzentrum. Dort werden die Daten mit Eingang festgeschrieben und sind dann nicht mehr veränderbar. Zusätzlich ist die Datenaufbereitung nebst Export für die steuerliche Außenprüfung auch Bestandteil einer professionellen Lösung.

Ehe die Daten aber für die Dauer von zehn Jahren unveränderbar archiviert werden können, müssen sie zunächst aus der Kasse ausgelesen werden. Die meisten Kassenhersteller haben hierfür inzwischen entsprechende Module im Angebot, die die Daten GoBD*-konform bereitstellen können. Viele Mandanten haben solche Module allerdings nicht mitbestellt.

„Es liegt daher an den Steuerberatern, gemeinsam mit ihren Mandanten eine entsprechende Prozessanalyse vorzunehmen", erklärt Greulich. Es sei zu klären, welche konkreten Auszeichnungspflichten beim Mandanten bestehen und wie diese durch die gewählte Form der Kassenführung ordnungsmäßig abgebildet werden können. Zusätzlich müsse der Mandant darauf hingewiesen werden, welche begleitenden Unterlagen bzw. elektronischen Aufzeichnungen über die reinen Kassendaten hinaus archivierungspflichtig sind. „Letztlich sorgt der Steuerberater gemeinsam mit dem Mandanten für die Einhaltung der ordnungsmäßigen Kassenführung und sichert somit auch den kompletten Prozess von der Einzelaufzeichnung über die Buchführung bis hin zur Steuerdeklaration ab", so Greulich.

Umwandlung in eine steuerliche Außenprüfung möglich

Das ist auch unabdingbar notwendig. Denn eine beanstandete Kasse ist keine Lappalie. „Wenn die bei der Kassen-Nachschau getroffenen Feststellungen hierzu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung nach § 193 übergegangen werden. Auf den Übergang zur Außenprüfung wird schriftlich hingewiesen", besagt die Abgabenordnung. In der Praxis genügen also kleinere Unregelmäßigkeiten, um aus der Kassen-Nachschau eine steuerliche Außenprüfung zu machen. Um das möglichst zu vermeiden, gilt es die Prozesse der ordnungsmäßigen Kassenprüfung vorweg zu prüfen und gegebenenfalls auszubauen.

Weitere Informationen zum Thema Kasse erhalten Sie über kassenarchiv@service.datev.de und
Tel. 0800 3283897.

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