Kanzlei-Serie - Folge 5

Das Kapital der Kanzlei: die Mandanten

Spätestens dann, wenn eine Steuerberatungskanzlei veräußert werden soll, werden die Mandanten erstmals einer äußerst kritischen Prüfung unterzogen. Wie alt sind sie? Aus welchen Branchen stammen sie? Wie ist es um ihre Zahlungsmoral bestellt? Wer sich frühzeitig mit diesen Fragen auseinandersetzt, profitiert nicht nur im laufenden Geschäft und eröffnet sich Wachstumschancen, sondern steigert außerdem nachhaltig den Wert seiner Kanzlei.

Es ist schön, ein Unternehmerleben zu teilen: Es macht Freude zu sehen, wie sich die Existenzgründungen der ersten eigenen Kunden zu erfolgreichen Betrieben entwickeln, während die Kanzlei wächst. Es beruhigt, zu sehen, dass auch andere irgendwann mit Problemen zu kämpfen haben und schließlich irgendwann vor der Frage stehen, wie die persönliche Nachfolgeregelung aussehen soll. Viele Steuerberater teilen diese Erfahrungen mit ihren Mandanten, da sie im Gleichschritt mit ihnen durch ein erfülltes geschäftliches Leben marschiert sind. Auf dem Zenit desselben sollten sie allerdings eines nicht vergessen: Die Kanzlei kann auf Dauer nur dann weiterbestehen, wenn sie mindestens in dem Maß jüngere Mandanten gewinnt, wie Abgänge aufgrund des Alters zu erwarten sind.

Im Moment weisen die Mandanten in Kanzleien, die zur Übernahme anstehen, im Mittel ein Alter von Anfang bis Mitte 50 auf. Damit sind die Mandanten durchschnittlich fünf Jahre jünger als der Kanzleiinhaber. Ein Durchschnittsalter von über 55 führt bei einer Veräußerung bereits zu Abschlägen, wobei neben dem Durchschnittsalter auch die Verteilung wichtig ist: Eine Kanzlei braucht stabile Mandate, mit denen Gewinn erwirtschaftet wird, und junge Hoffnungsträger.

Jüngere Mandanten mit Kompetenz überzeugen

Unternehmernachwuchs für die Kanzlei zu gewinnen, klingt leider einfacher, als es ist. Denn in der Mehrzahl suchen sich jüngere Unternehmer Berater, die ihrem Alter entsprechen. Eine Ausnahme davon machen sie am ehesten dann, wenn ihnen Spezialisten begegnen. Die Voraussetzung dafür ist auf Seiten des Steuerberaters eine Branchen- oder Themenspezialisierung – und auf diese können die wenigsten verweisen.

Eine weitere Möglichkeit, jüngere Mandanten für die Kanzlei zu gewinnen, ist die aktive Begleitung der Nachfolgeprozesse bei den Mandanten. Auch dazu allerdings bedarf es betriebswirtschaftlichen Know-hows, das sich Steuerberater am einfachsten aneignen, indem sie sich mit der Problematik in eigener Sache auseinandersetzen. Eine dritte Chance bieten jüngere Mitarbeiter – diese bringen nicht nur gelegentlich Mandate mit, sondern geben der künftigen Unternehmergeneration zudem das Gefühl, in ihren Werten und Einstellungen ein adäquates Pendant in der Kanzlei zu finden.

Gründliche Analyse offenbart Chancen

Ehe Berater aber in den Vermarktungsprozess einsteigen und aktiv mit der Mandantenakquise beginnen, lohnt eine gründliche Analyse des eigenen Mandantenstamms, die über die Feststellung des durchschnittlichen Lebensalters hinausgeht. Die DATEV eG unterstützt diese bereits über vielfältige Auswertungsmöglichkeiten der Stammdaten, die etwa Informationen über den Deckungsbeitrag pro Mandant, die Dauer des Mandatsverhältnisses (durchschnittlich liegt sie im Übrigen bei rund elf Jahren) oder auch die Zahlungsmoral liefern.

Mit dem Instrument „Daten-Analyse-System“ lassen sich zudem mandantenübergreifende Analysen etwa zu den häufigsten relevanten steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Sachverhalten, aber auch zu möglichen weiteren Beratungsanlässen durchführen.

Im Rahmen der Nachfolge und eines etwaigen Verkaufs spielt insbesondere die Höhe der Beratungsumsätze eine Rolle – sie gelten trotz ihres Projektcharakters gemeinhin als Werttreiber, da sie im Gegensatz zu Finanzbuchführung und Lohn weniger dem wachsenden Kosten- und Wettbewerbsdruck unterliegen. Sie weiter auszubauen entspricht einer Strategie, die auf Werterhaltung und -steigerung abzielt. Gelegenheiten für betriebswirtschaftliche Beratungen gibt es mannigfaltige – identifizierbar zum einen im Daten-Analyse-System der DATEV, zum anderen durch das aktive Zuhören geschulter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Mandantenkontakt.

Das Dilemma der Offenen Posten

Stiefmütterlich behandelt und doch zentral spätestens im Falle eines Verkaufs werden in vielen Kanzleien die Offenen Posten. Einige Steuerberater sehen sich mittlerweile mit einem Forderungsberg konfrontiert, der einem halben Jahresumsatz entspricht. Der Durchschnittswert liegt aber bei rund 15 Prozent des Jahresumsatzes und entspricht damit in etwa dem Umsatz von knapp zwei Monaten.

Höhere Werte sprechen für ein schlechtes Kanzleimanagement und haben nicht nur dramatische Folgen für die Liquidität, sondern bergen ein großes Risiko im Hinblick auf die Nachfolge. Denn ein möglicher Erwerber tut nicht gut daran, direkt mit dem Beitreiben dieser Forderungen zu beginnen, so er die Mandanten halten will. Angesichts der Tatsache, dass in vielen Praxisübertragungsverträgen Klauseln vereinbart werden, die nachträglich den Kaufpreis mindern, sollten Mandate verloren gehen, wirkt sich das unmittelbar auf das Portemonnaie des Verkäufers aus.

Am sichersten entkommen Steuerberater diesem Dilemma, wenn sie beizeiten ein echtes Mahnwesen einführen. Häufig bringen aber auch schon eine zeitnahe Abrechnung und eine Anpassung der Zahlungsmodalitäten, etwa die Umstellung auf das SEPA-Lastschriftverfahren, wesentliche Verbesserungen.

Moderate Honorare gefährden Attraktivität

Viele kleinere Steuerberatungskanzleien haben nicht nur ihre Offenen Posten, sondern auch die Anpassung der Honorare in den vergangenen Jahren etwas vernachlässigt. Das führt dazu, dass häufig insbesondere Einzelkanzleien, trotz neuer Steuerberatervergütungsverordnung, zu Stundensätzen von 80 Euro abrechnen – was ihnen in der Mandantschaft sicherlich viele Freunde und einen Treuebonus eingebracht hat. Soll eine so geführte Praxis aber veräußert werden, steht für zahlreiche potenzielle Erwerber der Unternehmerlohn nach dem in der Regel ebenfalls zu leistenden Kapitaldienst in keinem Verhältnis zu den Risiken eines Kaufs oder zu einem Gehalt als angestellter Steuerberater.

Existenzgründer tendieren dadurch eher dazu, völlig neu zu starten, als eine derartige Praxis zu erwerben. Aber auch etablierte Kanzleien, die durch eine Akquisition wachsen wollen, scheiden in diesen Fällen als Käufergruppe aus. Denn die moderate Honorarstruktur passt häufig nicht zu deren eigener mit weitaus höheren durchschnittlichen Stundensätzen. Steuerberater sollten ihren Mandanten daher durchaus gelegentliche Honorarsteigerungen im marktüblichen Rahmen zumuten und die damit verbundenen Diskussionen führen – so sie nicht Gefahr laufen wollen, ihre Kanzlei in die Unverkäuflichkeit zu führen.

Weitere Informationen zum Thema Kanzleinachfolge/Kanzleiübernahme

Ansprechpartner zum Thema Nachfolge für Kunden: Steffen Bock, DATEV Consulting

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