Was erst einmal nach mehr Effizienz und einfacheren Prozessen klingt, entpuppt sich für viele Mandanten derzeit als komplexe Individualthematik: die XRechnung, die Bund und erste Länder bereits verpflichtend verlangen. Die Hauptschwierigkeit liegt darin, dass die XRechnung insgesamt etwa 150 Rechnungsfelder vorsieht, mittels derer öffentliche Auftraggeber neben den mehr als 30 Pflichtangaben individuell zusätzliche Informationen verlangen können. Damit avanciert jede digitale Rechnungsstellung beim Bund, den Ländern oder auch später bei den Kommunen zum Einzelberatungsfall.
"Momentan suchen wir verstärkt den Austausch mit der Verwaltung und diversen ERP-Herstellern, um darauf hinzuwirken, dass die Belange der Unternehmen beim Thema XRechnung dort stärker in den Blick genommen werden", sagt Ingo Dietrich, der bei der DATEV eG Unternehmen zur Umstellung auf die digitale Rechnungsstellung berät. Der Auslöser für dieses Engagement liegt in den höchst unterschiedlichen Vorgaben, die öffentliche Auftraggeber ihren Lieferanten im Rahmen der XRechnung machen, oftmals ungeachtet der dort dafür vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen.
Denn für die Rechnungsdokumente, die maschinell weiterverarbeitet werden sollen, werden ganz bestimmte Daten gefordert und diese in genau definierter Form (sogenannten. Business-Terms, kurz BT). Im Vergleich dazu sind Papierrechnungen frei gestaltet und zudem werden die darin enthalten Informationen von Mitarbeitenden, also menschlicher Intelligenz, interpretiert und bearbeitet. Die nun für die XRechnung geforderten Daten fehlen in den Unternehmen aber meist schlichtweg oder müssen umständlich konkretisiert werden.
Während sich etwa die obligatorische Rechnungsangabe "Leitweg-ID" noch etwa über DATEV SmartTransfer kodieren und übertragen lässt (wenn es sich um einen öffentlichen Auftraggeber handelt), funktioniert dies bei individuell von staatlichen Verwaltungen gewählten Kannfeldern nicht mehr. Denn die Regelungen und Rahmenvorgaben zur XRechnung sehen vor, dass jeder öffentliche Auftraggeber neben den 33 bzw. 34 Pflichtfeldern noch aus etwa 120 zusätzlichen Feldern diejenigen hinzufügen kann, die er für seine Zwecke benötigt. "Und das ist dann je nach Kunde in den Mandantenbetrieben höchst unterschiedlich", erklärt Dietrich.
E-Mail-Adresse des Bestellers
So verlangten Bundesunternehmen beispielsweise manchmal nicht nur den Namen des Bestellers kodiert im XRechnung-Datensatz, sondern auch dessen E-Mail-Adresse. Summa summarum seien 30 Prozent der Felder bei 50 Prozent der Mandanten im Standardvorgehen nicht vorhanden, so Dietrich. Das stellt selbst professionelle kaufmännische Lösungen vor unlösbare Probleme. Ihre Nutzer sind derzeit häufig darauf angewiesen, dass die Anbieter die betreffenden Felder individuell programmieren, was teilweise nicht unerheblichen Aufwand und entsprechende Kosten verursacht.
Ein gängiges Praxisproblem, das viele Mandanten betrifft, ist die Angabe zu den Skontokonditionen. Hier verlangt die XRechnung, die bis dato übliche Standardfloskel in ein konkretes Datum, bis zu welchem Skonto gewährt wird, sowie den Nettowert desselben aufzulösen. Ein weiteres Beispiel ist die Nummerierung der Artikelpositionen. Denn diese muss jede XRechnung aufweisen. Das Problem dabei: Die Art und Form der Nummerierung obliegt wiederum dem Auftraggeber. Der rechtliche Rahmen erlaubt hier ein- oder zweistellige Formate, aber auch eine ganze Reihe von Unterpunkten, sogenannte Sublines.
Wo kommen die Daten her?
Dies so im Vorsystem des Mandanten abzubilden, um automatisiert XRechnungen erzeugen zu können, bedeutet einen großen Aufwand, insbesondere bei Abweichungen vom XRechnung-Standardfall. Ähnlich verhält es sich mit den Informationen zum Bestellvorgang. Während eine Bestellnummer – wenngleich kein Pflichtfeld der XRechnung – vielfach in den Systemen hinterlegt sein dürfte, wird es bei der sogenannten "Projektreferenz" oder dem "Palettenplatz" schon schwieriger.
Doch auch diese Informationen müssen Unternehmen manchmal in der XRechnung kodiert übermitteln, wenn sie ihr Geld von der öffentlichen Hand erhalten wollen. Perspektivisch lohnt der Aufwand in Programmierleistungen und die Anpassung der Prozesse im Mandantenunternehmen häufig, da die öffentliche Verwaltung in weiteren Digitalisierungsprojekten bereits die Standardisierung etwa der Bestellvorgänge plant. Dennoch bedeutet das für Berater und Mandanten derzeit meist noch, sich einzelfallbezogen die jeweiligen Fragestellungen vornehmen zu müssen und sich dabei eng mit dem eigenen Dienstleister auszutauschen.
Mandanten mit nur wenigen einzelnen Rechnungen können alternativ auf Portale der Öffentlichen Hand zugreifen, über die sich die Informationen ganz unmittelbar eintippen lassen (ZRE und OZG-RE). Dabei bleibt aber ein Problem: Am Ende lässt sich zwar eine XML-Datei erzeugen und in Kopie erhalten, doch lesen und damit prüfen kann der Unternehmer diese Datei erst einmal nicht.
Automatisierter Belegfluss unterbrochen
Daraus folgt, dass die Datei sich nicht beziehungsweise nur schwer in den automatisierten Rechnungserstellungs- und Buchungsprozess integrieren lässt. Dennoch ist das XML-Dokument revisionssicher zu archivieren. "Das ist vielen Mandanten aber so nicht bewusst", erklärt Dietrich. Darauf zu achten, dass sich die Datei weiterverarbeiten lässt, hält der Experte aber für unerlässlich, um das Ziel des automatisierten Belegflusses weiter verfolgen zu können. Für Branchen, die mit branchenspezifischen individuellen Feldern arbeiten, verweist er auf Lösungen mit DATEV-Schnittstellen über die Dateien später in den Buchungsprozess beim Steuerberater übertragen werden können. Solche Branchenanwendungen sind auf den DATEV-Marktplatz aufgelistet.