Natürlich beschäftigen wir uns bei DATEV mit künstlicher Intelligenz. Und mit vielen anderen technologischen Entwicklungen, die potenziell relevant für die digitale Steuerberatung werden könnten. Dafür haben wir die nötigen Strukturen geschaffen: Unser DATEV Lab als Innovationsraum, unser Technologieradar zur systematischen Trendbeobachtung, unsere KI-Werkstatt zur Erprobung mit Mitgliedern. Denn wer Verantwortung für eine ganze Branche trägt, darf nicht Trends hinterherlaufen – sondern muss sie mitgestalten. Mit klarem Kompass. Und kühlem Kopf.Quantencomputing ist ein gutes Beispiel dafür. In der öffentlichen Wahrnehmung oft überhöht, medial aufgeladen – doch in der Praxis? Noch weit von einem stabilen, produktiven Einsatz entfernt. Und trotzdem: Das Thema als solches ist relevant. Vielleicht noch nicht heute, aber irgendwann. Darum engagieren wir uns frühzeitig in Forschungskonsortien wie QuaST oder Q-ROM. In kleiner, ressourcenschonender Aufstellung, gefördert durch Drittmittel, bauen wir Know-how auf. Nicht, weil wir glauben, dass wir morgen ein Produkt verkaufen – sondern weil wir verstehen wollen. Um für den Moment vorbereitet zu sein, wenn es ernst wird.
Wir sind technologiebegeistert, aber nicht technikgläubig
Dabei gehen wir bewusst ergebnisoffen vor. Das ist kein Widerspruch zu unserer Technologiebegeisterung, sondern Ausdruck von Verantwortung. Es geht nicht darum, die nächste große Zukunftsvision zu verkaufen, sondern darum, im richtigen Moment das Relevante vom Interessanten zu trennen. Man könnte sagen: Wir lernen von den USA, wo Tech-Konzerne wie Microsoft oder Google viele Pionierprojekte starten – wissend, dass nicht alles sofort gelingt. Trial and Error als Prinzip. Auch wir probieren aus. Aber mit Augenmaß. Und mit dem klaren Ziel, das Potenzial für unsere Mitglieder im Blick zu behalten.Denn klar ist: Ein Quantencomputer, der komplexe Steuerplanungen optimiert oder sichere Verschlüsselung bedroht, das ist keine Spielerei. Das ist ein möglicher Baustein für zukünftige Datenräume, für neue Formen der Buchführung oder der Kryptografie. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Noch sind Standards offen, Hardware rar und teuer und der praktische Nutzen sehr begrenzt. Deshalb wird DATEV auch künftig keine eigene Quantenhardware anschaffen. Aber wir bleiben dran. Wissbegierig. Kritisch. Und vorausschauend.
Wir denken Technologien immer im Kontext des Berufsstands
Unsere Mitglieder erwarten von uns ein hohes Maß an Verlässlichkeit, gerade bei Zukunftsthemen. Darum begleiten wir den Hype um das Quantencomputing mit kühlem Kopf, aber wachem Blick. Die Möglichkeiten sind groß, aber die Verantwortung ist es auch. Wir nehmen beides ernst.Als Genossenschaft denken wir Technologien nicht nur technologisch, sondern immer auch im Kontext des Berufsstands. Quantencomputing ist kein Selbstzweck, sondern ein möglicher Baustein für bessere Prozesse und sicherere Datenräume. Unsere Aufgabe ist es, die Entwicklungen zu bewerten, einzuordnen – und das Potenzial im richtigen Moment zugänglich zu machen. Dafür sind wir heute unterwegs: mit Augenmaß, Sachverstand und im Dienst unserer Mitglieder.Die Steuerberatungsbranche lebt vom Vertrauen. Vom Vertrauen in Daten, Prozesse und Entscheidungen. Dieses Vertrauen sichern wir nicht nur durch Technik allein, sondern auch durch ein bewusstes Zusammenspiel von Innovation und Verantwortung. Denn genau das ist unser Anspruch: Orientierung zu bieten in einer zunehmend komplexer werdenden digitalen Welt.
Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und promovierte Diplom-Kaufmann Robert Mayr ist seit 2016 CEO der DATEV eG. Mayr ist zudem seit 2012 Vizepräsident der Steuerberaterkammer Nürnberg. Er ist Senator in der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), Rechnungsprüfer des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und im Hauptvorstand des Bitkom e.V. Mayr engagiert sich ehrenamtlich in der Hochschullehre, er hat einen Lehrauftrag an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, wo er neue Technologien im Steuerwesen untersucht. Für dieses Engagement ist ihm im Sommer 2022 der Titel „Honorarprofessor“ verliehen worden.