Es ist diese Mischung aus Empathie, Neugier und Tatkraft, die Elisabeth Hanspach-Bieber seit mehr als vier Jahrzehnten zu einer Ausnahmeerscheinung in der Steuerberaterbranche macht. Die 76-Jährige hat so ziemlich alles erlebt, was den Beruf ausmacht und ihn verändert hat: Finanzierung, Personalführung, Digitalisierung, Cloudcomputing, künstliche Intelligenz. Seit den frühen Tagen des MS-DOS-Betriebssystems begleitet sie auch die Entwicklung bei DATEV. Ob als Pilotanwenderin oder als frühe Nutzerin neuer Anwendungen: Sie war meist eine der Ersten.
Als erste Steuerberaterin im Raum Willich gründete sie 1978 ihre eigene Kanzlei, damals in einem alten Hexenhäuschen mit 60 Quadratmetern und einem Lehrling. Heute ist ihr damaliges Ein-Frau-Unternehmen eine gut funktionierende digitale Kanzlei, die technologisch weit vorn ist und dabei nie den Menschen aus den Augen verliert.
Rein in eine Branche voller Männer
„Ich hatte sehr gute Noten, obwohl ich zur Prüfung krank war“, erinnert sie sich an die Zeit ihrer Steuerberaterzulassung im Jahr 1977. Das Zertifikat war noch druckfrisch, als sie bereits erste Mandate betreute. „Ich habe mir einen Renault 4 gekauft, und los ging’s.“ Der Weg in die Selbstständigkeit war damals für eine Frau nicht leicht. Erst recht nicht in einer männerdominierten Branche. Das fing schon bei der Finanzierung an. „Es war schwer, einen Kredit zu bekommen. Mein Bausparvertrag wurde sogar auf meinen damaligen Mann überwiesen, obwohl wir schon fast getrennt waren.“ Der Aufbau der Kanzlei war ein Kraftakt. Nachmittags musste sie zusätzlich ihren Sohn betreuen, weil es damals noch keine Ganztagsangebote an der Schule gab. „Ich habe Nächte durchgearbeitet, weil ich tagsüber für ihn da sein wollte“, sagt sie.
Hanspach-Biebers Führungsstil ist klar: „Du musst dich unentbehrlich machen“, sagt sie mit Blick auf ihre jungen Partner. „Aber du darfst nie vergessen, dass Führung auch bedeutet, Konflikte auszuhalten.“ In ihrer Kanzlei wachsen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Schritt für Schritt in die Verantwortung hinein. Viele sind dort ausgebildet worden, einige seit Jahrzehnten im Team. „Wenn man aus dem Kollegenkreis zur Führung aufsteigt, muss man das Gleichgewicht finden: auf Augenhöhe bleiben, aber dennoch führen.“ Dieser Mix aus Vertrauen und Klarheit prägt auch die Partnerstruktur der Kanzlei. Während sich Elisabeth Hanspach-Bieber schrittweise aus der Partnerschaft zurückzieht, bleibt sie als Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin weiter aktiv. „Ich liebe den Beruf. Ich will weiterkommen, sonst hätte ich nicht den KI-Führerschein gemacht.“
Sie war nie eine, die sich von Veränderungen schrecken ließ. Im Gegenteil: Sie war oft ihrer Zeit voraus. Sei es der frühe Umstieg auf Windows um die Jahrtausendwende, das Pilotprojekt mit dem DATEV-Arbeitsplatz oder die Entscheidung für DATEVasp, den Service, bei dem DATEV-Software und IT-Infrastruktur über eine sichere Cloudumgebung bereitgestellt werden. Sie hat technologischen Wandel stets als Chance gesehen.
Warum sie ein so großer DATEV-Fan ist? „Urvertrauen: Ich habe lieber alles über DATEV gemacht, als irgendwelche Fremdsoftware reinzuholen, allein schon wegen der Schnittstellen und der Stabilität.“ Auf diese Stabilität hat ihre Kanzlei immer gebaut. „DATEV ist ein Partner auf Augenhöhe, der unseren Berufsstand zusammenhält.“ Dabei hat ihr längst nicht immer alles gefallen, was dieser Partner in die Welt gesetzt hat oder wie manche Entscheidungen kommuniziert wurden. „Den manchmal ausufernden Bürokratismus der Genossenschaft fand ich oft hinderlich.“
Trotz Digitalisierung nah am Mandanten
Doch bei aller Technik bleibt für sie eines klar: „Digitalisierung kann nicht binden. Kontakte machen Erfolg aus.“ Wenn sie von Mandanten spricht, spricht sie von Menschen. Vom Maschinenbauer, dessen Enkelin nach England zieht und finanziell unterstützt werden soll. Von der Witwe, die sie aus dem Pflegeheim geholt hat. Von der Familie, für die sie die Generalvollmacht übernahm.
Die Freude an der Arbeit bleibt für sie entscheidend. „Du musst Spaß haben, dann ist es nicht so anstrengend“, findet sie. Den Generationswechsel in ihrer Kanzlei hat sie längst eingeläutet. Ihr Sohn ist Rechtsanwalt und seit 2003 in der Kanzlei tätig. Ein weiterer Steuerberater stieg 2012 zum Partner auf.
Jungen Gründerinnen gibt sie folgende Empfehlung: „Der einfachste Weg zum Erfolg besteht darin, sich in einer bestehenden Kanzlei zur Partnerin zu entwickeln. So kann man Mandanten und Mitarbeitende nahtlos übernehmen.“ Ein weiterer Tipp: Finger weg von nicht digitalisierten Kanzleien. „Das ist wie ein Haus mit Instandhaltungsstau. Das auf Vordermann zu bringen, ist Schwerstarbeit.“