Eine deutsche Firma bestellt Waren aus China, einem sogenannten Drittland aus Sicht der Europäischen Union. Die Lieferung geht in Deutschland jedoch direkt an den Kunden des Unternehmens – und dieser wird fälschlicherweise in der Zollanmeldung als Anmelder angegeben. Solche Fehler lassen sich nicht immer vermeiden, sind aber schwer zu korrigieren – und auch die rechtlichen Folgen sind nicht zu unterschätzen. Im vorliegenden Fall stellt sich vor allem eine Frage: Wer darf die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen? Der Endkunde oder das Unternehmen, das die Ware bestellt hat?
Nachträgliche Änderung kaum möglich
Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht ist ein Unternehmer zum Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, wenn eine Einfuhr im Sinne des Gesetzes vorliegt, die Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich entstanden ist und die Einfuhr für das Unternehmen erfolgt. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über die Ware hatte. Außerdem verlangt das Finanzamt den zollrechtlichen Einfuhrbeleg als Nachweis der Einfuhr. „Um Diskussionen mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollte bei der Zollanmeldung stets auf die korrekte Angabe des Anmelders geachtet werden“, sagt Steuerberater Alexander Scherzinger von Ecovis.
Eine nachträgliche Änderung des Anmelders in einer Zollanmeldung ist aus mehreren Gründen schwierig, insbesondere, weil ein kompletter Austausch des Anmelders zu Unsicherheiten führen und einen reibungslosen Ablauf des Zollverfahrens gefährden würde. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH C-97/19 vom 16.07.2020) ist eine Änderung nur möglich, wenn eine Vertretung des Anmelders versehentlich nicht angegeben wurde.
Doch auch ohne eine nachträgliche Änderung ist der Vorsteuerabzug für das einführende Unternehmen nicht verloren. „Der zollamtliche Beleg dient für den Vorsteuerabzug ausschließlich als Nachweis für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer. Der Beleg bestimmt jedoch nicht, wer zum Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt ist“, erklärt Alexander Scherzinger.
In der Praxis empfiehlt sich deshalb folgender Ansatz: Sofern der Unternehmer durch andere geeignete Unterlagen eindeutig belegen kann, dass er tatsächlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann ihm dieser aus Billigkeitsgründen gewährt werden, auch wenn er nicht als Anmelder genannt ist. Dies ist im Umsatzsteuer-Anwendungserlass geregelt (UStAE, Abschnitt 15.11 Abs. 7 Nr. 1). „Wenn der Unternehmer Belege vorlegen kann, aus denen eindeutig hervorgeht, dass er zum Zeitpunkt der Abfertigung der Ware zum freien Verkehr die Verfügungsmacht hatte und nicht der formal als Anmelder genannte Dritte, kann der Vorsteuerabzug doch noch gelingen“, sagt Scherzinger.
Alexander Scherzinger
ist Steuerberater beim Beratungsunternehmen Ecovis. Sein Fachgebiet sind Zölle, Umsatz- und Verbrauchsteuern.