Ihr Job ist es, dafür zu sorgen, dass die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, deren Steuerberatern und DATEV reibungslos funktioniert: Christian Neuser hat bei DATEV lange Zeit den Unternehmensmarkt betreut und kümmert sich heute als Leiter des Regionalvertriebs um die optimale Zusammenarbeit von Kanzleien mit ihren Firmenkunden. Markus Munz verantwortet bei DATEV den Vertrieb im Unternehmensmarkt. Zum Interview an einem Brückentag erschienen sie gut gelaunt im Teams-Meeting. Ihr Ziel ist klar: Die drei Parteien sollen digital künftig noch besser zusammenspielen, um zukunftssicher aufgestellt zu sein.
DATEV magazin: Herr Neuser, Herr Munz, wie ist es um den Digitalisierungsstand deutscher Unternehmen bestellt?
Markus Munz: Grundsätzlich sehen wir, dass Unternehmen beim Thema Digitalisierung deutlich Fahrt aufgenommen haben. Insbesondere durch die Einführung der E-Rechnung entstehen neue Impulse, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Speziell in Bereichen, die zur eigentlichen Wertschöpfungskette gehören. Aber trotz aller Fortschritte gibt es nach wie vor erheblichen Nachholbedarf.
Christian Neuser: Das stimmt. Viele Unternehmen haben ihre internen Prozesse bereits digitalisiert. Aber nach dem bekannten Prinzip „Was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert“ rückt nun die Frage in den Fokus, wie die Unternehmen digital mit ihren steuerberatenden Kanzleien oder Wirtschaftsprüfern zusammenarbeiten können. Auch die Kommunikation mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird zunehmend digital, zum Beispiel über Lösungen wie DATEV Arbeitnehmer online, deren Nutzung in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen ist.
Trotzdem scheint für viele Unternehmen die Kommunikation mit ihrer Kanzlei auf der Prioritätenliste nicht weit oben zu stehen. Warum ist das so?
Munz: Aus Unternehmenssicht ist die Kanzlei oft kein zentraler Bestandteil der eigenen Wertschöpfung. Der Fokus liegt auf Kunden, Lieferanten und internen Abläufen. Die steuerliche Zusammenarbeit wird eher als Pflicht, denn als Hebel gesehen. Das Interesse an einer digitalen Kollaboration geht daher meist von der Kanzlei aus.
Neuser: Trotzdem liegt auch für Unternehmen ein enormer Mehrwert in der digitalen Zusammenarbeit mit der Kanzlei. Wenn ich meine Belege nur monatlich im Pendelordner abgebe, kann mich die Kanzlei kaum beraten. Wenn ich jedoch tagesaktuelle digitale Daten bereitstelle, kann sie frühzeitig Liquiditätsengpässe erkennen und viel gezielter unterstützen. Die Digitalisierung ist also die Voraussetzung dafür, dass Steuerberater wirklich in die Rolle eines externen CFO hineinwachsen können – was nur im Interesse der Unternehmen sein kann.
Welche Rolle spielt DATEV dabei?
Neuser: Unser Ziel ist es, mit Kollaborationslösungen wie DATEV Unternehmen online, DATEV Personal oder MyDATEV Kanzlei eine gemeinsame Plattform für Unternehmen und Kanzleien zu schaffen. Wichtig ist dabei auch der Einsatz moderner Schnittstellen, die ein medienbruchfreies Arbeiten ermöglichen. Je aktueller die Daten beim Berater vorliegen, desto größer ist der Beratungsmehrwert für das Unternehmen.
Stichwort Kollaborationslösungen: Inwiefern profitieren gerade kleinere Unternehmen davon?
Neuser: Bei kleinen und mittleren Unternehmen schaffen wir mit digitalen Lösungen eine echte Win-win-win-Situation: für die Kanzlei, das Unternehmen und DATEV. Bessere Datenqualität, geringere Suchzeiten, arbeitsteilige Prozesse und einheitliche Oberflächen ermöglichen ein effizienteres Arbeiten auf allen Seiten.
Munz: Auch für die Kanzleien selbst ist das ein Standortvorteil. Ein durchgängiger digitaler Prozess schafft attraktivere Arbeitsplätze, weil weniger manuelle Erfassung nötig ist. Gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels ist das ein entscheidender Punkt.
Was bedeutet „digitale Kollaboration“ konkret?
Neuser: Kollaboration beginnt für uns mit dem Mandatsverhältnis. Ob klassische oder digitale Zusammenarbeit: Sobald Kanzlei und Unternehmen verbunden sind, sprechen wir von Kollaboration. Unsere Strategie zielt darauf ab, diese Verbindung zu stärken und flexibler zu gestalten. Künftig werden die Grenzen zwischen klassischen Kanzleiwerkzeugen und unternehmensseitigen Tools weiter verschwimmen. Das schafft Spielräume, etwa auch für die temporäre Unterstützung durch die Kanzlei direkt im System des Mandanten.
Munz: Entscheidend ist dabei, dass auch Selbstbucher kollaborative Prozesse nutzen. Kollaboration bedeutet nicht zwingend, dass alles an die Kanzlei ausgelagert wird. Die Zusammenarbeit findet auf vielen Ebenen statt, oft auch arbeitsteilig. In Zeiten von Cloudlösungen werden diese Grenzen künftig noch stärker verschwimmen.
Welchen Stellenwert hat die Cloud in dieser Strategie?
Munz: Die Cloud ist ein echter Katalysator. Wenn Kanzlei und Mandant in einer gemeinsamen Cloudumgebung arbeiten, sinkt die technische Komplexität, und die Prozesse werden deutlich effizienter. Für Kanzleien heißt das: mehr Beratungsanlässe, weniger Rüstzeit, neue Mandate, selbst mit begrenzten Ressourcen.
Ein Großteil der Unternehmenslösungen wird über Kanzleien vermittelt. Was können diese in der Zusammenarbeit mit DATEV noch verbessern?
Munz: Ein zentraler Punkt ist die Übergabe von Leads, also von potenziellen Kundenanfragen an DATEV. Aktuell sind diese Prozesse oft noch zu aufwendig. Wir arbeiten daran, sie deutlich zu vereinfachen: Idealerweise soll eine Kanzlei mit einem Klick alle nötigen Informationen übergeben können. Das spart Rückfragen und vermeidet Störungen im Kanzleialltag.
Neuser: Wichtig ist dabei auch, dass DATEV immer im Sinne der Kanzlei handelt. Wir treten nur aktiv auf, wenn die Kanzlei das möchte. Gleichzeitig bieten wir zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten, sei es durch Partnermodelle, durch Consulting oder durch Einsatzeinheiten, etwa bei Systemumstellungen größerer Mandanten. Diese Unterstützungsmöglichkeiten kennen viele Kanzleien oft noch gar nicht.
Kanzleien sind nicht zwingend als Verkäufer geschult. Wie können sie trotzdem erkennen, wann sie im Sinne ihrer Mandanten aktiv werden sollten?
Munz: Besonders aufmerksam sollte man bei größeren gesetzlichen Änderungen sein. Viele Softwareanbieter tun sich mit der Umsetzung schwer oder ziehen sich sogar aus Teilmärkten zurück. Kanzleien wissen, was gesetzlich kommt. Das ist ein idealer Anlass für ein Mandantengespräch.
Neuser: Langfristig geht es darum, näher an die Systeme und Prozesse der Mandanten heranzurücken. Früher war der Pendelordner der Anlass für ein kurzes Gespräch. Heute fehlt dieser Impuls. Diesen muss man aktiv ersetzen, etwa durch gezielte Fragen zur eingesetzten Software. Wer nah an den Vorsystemen ist, erkennt frühzeitig, wenn sich dort etwas ändert. Das heißt, Kanzleien werden künftig nicht nur Fachwissen und Expertise vorhalten müssen, sondern auch Schnittstellenkompetenz. Je besser sie die Systeme ihrer Mandanten kennen, desto besser können sie beraten und Risiken erkennen, bevor sie entstehen.
Einige Kanzleien sind schon mit ihren eigenen Changeprozessen ausgelastet. Wie können sie da zusätzlich noch ihre Mandanten begleiten?
Neuser: Im Idealfall denkt man Kanzlei- und Mandantenprozesse gemeinsam. Denn die Veränderungen hören ja nicht auf, weder durch den Gesetzgeber noch durch den Markt. Die gute Nachricht: Die Herausforderungen ähneln sich. Beide Seiten kämpfen mit IT-Sicherheit, Personalmangel und der Notwendigkeit, schneller zu entscheiden. DATEV kann dabei ein verlässlicher Partner sein: Mit Know-how, Tools und Unterstützung über Kundenverantwortliche, Partnernetzwerke oder Consulting.
Munz: Wir müssen es Kanzleien so einfach wie möglich machen, Verkaufschancen an uns zu übergeben, ohne Mehraufwand. Nur dann profitieren alle: die Kanzlei, der Mandant und wir als Genossenschaft.Neuser: Genau. Denn unser Ziel ist immer der gemeinsame Erfolg. Und wenn alle an einem Strang ziehen, entsteht echte digitale Kollaboration, die weit über technische Lösungen hinausgeht.
Christian Neuser
ist als Leiter des Regionalvertriebs bei DATEV verantwortlich für die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Kanzleien und ihren Mandanten.
Markus Munz
ist als Leiter Vertrieb Unternehmen und Public Sector bei DATEV für das Firmenkundengeschäft zuständig.