Westlich von Koblenz, am Rande der Eifel, in Mayen, lässt es sich aushalten. Doch Volker Andres, Inhaber von Adjuvantis, einer vollständig digitalen Steuer- und Wirtschaftsberatung, ist nicht nur in seinem Kernberuf unterwegs, sondern engagiert sich zudem für DATEV als stellvertretender Vorsitzender des Vertreterrats. Aus Anlass des Internationalen Jahres der Genossenschaften ein Gespräch über deren Stellenwert und warum sich Engagement bezahlt macht.

DATEV magazin: 2025 ist zwar das Internationale Jahr der Genossenschaften, aber sind diese nicht eigentlich ein Auslaufmodell?

Volker Andres: Gerade in der heutigen Zeit sind die Genossenschaften die reinste Form von Demokratie. Kein Investor diktiert hier den Kurs. Die Mitglieder können aktiv mitarbeiten und sich einbringen. Und weil eben nicht die wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund stehen, sondern die Förderung der Mitglieder und deren Interessen, finde ich die Idee überaus zeitgemäß und notwendig. Nein, auf keinen Fall ein Auslaufmodell, sondern eher im Gegenteil: Würde es Genossenschaften nicht geben, müsste man sie erfinden.

Welche Gremien gibt es bei DATEV und in welche kann man sich aktiv einbringen?

Volker Andres: Als mitgliedsnahe Gremien würde ich die Vertreterversammlung nennen, in die die Mitglieder reingewählt werden können. Aus der Vertreterversammlung heraus können sie zudem in den Vertreterrat gewählt werden, den es nun mittlerweile auch schon seit über 30 Jahren gibt. Gerade weil DATEV so viele unterschiedliche Mitglieder hat – vom Einzelkämpfer bis zur großen Kanzlei – ist es wichtig, dass Entscheidungen aus der Praxis heraus mitgedacht werden. Wir im Vertreterrat bringen genau diese Perspektive ein. Ebenfalls aus der Vertreterversammlung heraus gibt es die Möglichkeit, sich in den Aufsichtsrat wählen zu lassen. Der Aufsichtsrat bestellt beispielsweise auch den DATEV-Vorstand. Die Mitwirkungsmöglichkeiten sind also schon sehr umfangreich.

Neben dem Vertreterrat gibt es verschiedene Arbeitsgruppen – wie viele sind das ungefähr und wie gliedern sich diese thematisch?

Volker Andres: Der Vertreterrat berät den DATEV-Vorstand aus Anwendersicht im Bereich der Software und der Strategie. Pro Workstream stellen wir einen Prozessverantwortlichen ab, die oder der unsere Sicht der Dinge mit einfließen lässt und Beratungsaufträge für den Workstream entgegennimmt. Daneben gibt es auch übergreifende Themen wie zum Beispiel zur Kundenzufriedenheit oder zum Thema Marketing und Kommunikation. Wir hatten auch schon eine Arbeitsgruppe zum Thema Offboarding, also zum Thema, wie man Mandanten an andere Kanzleien abgeben kann. Aktuell haben wir beispielsweise auch eine Arbeitsgruppe zum Thema KI, die neben den workstreamspezifischen Fragen auch übergreifende Fragen zum Thema erörtert.

Wie lange ist die Laufzeit dieser Arbeitsgruppen?

Volker Andres: Wir haben Gruppen, die über unsere gesamte Wahlperiode von vier Jahren laufen, aber auch kurzfristigere Einheiten mit Kompetenzteams, die teilweise auch nur mal für ein paar Stunden zusammenkommen. Das ist alles sehr viel schnelllebiger geworden.

Sie sind im Hauptberuf Kanzleiinhaber, bleibt daneben überhaupt noch Zeit für Engagement für DATEV?

Volker Andres: Das ist das Problem vieler Mitglieder, die sich fragen: Wann soll ich mich da noch engagieren? Mir macht das Engagement unheimlich Spaß. Und ich habe meine Kanzlei so aufgestellt, dass die fast ohne mich funktioniert. In meiner Kanzlei beschäftige ich elf Mitarbeitende, die sind alle hoch qualifiziert. Ich selbst hab nur noch ganz wenig Mandantenkontakt, ich spreche vom Mitarbeiter als Unternehmer. Ich bin eigentlich „nur noch“ dafür zuständig, am Unternehmen zu arbeiten.

Wie sieht der Arbeitsalltag in Ihrer Kanzlei konkret aus?

Volker Andres: Wir haben bei uns seit drei Jahren eine 33-Stunden-Arbeitswoche. Momentan haben wir mehr Mandantenanfragen, als wir überhaupt bewältigen können. Die, die wir annehmen, müssen wirklich zu uns als Kanzlei passen. Also: digitale Zusammenarbeit. Wir setzen alles ein, was DATEV bietet, so dass unsere Prozesse schlank sind.

Was ist die Anforderung an DATEV als Genossenschaft im digitalen Zeitalter?

Volker Andres: Gerade in unserem Berufsstand sind wir nach wie vor sehr klassisch geprägt. Wir haben sehr viele Mitglieder, die noch alte Arbeitsweisen haben. Viele ältere Kolleginnen und Kollegen wollen den Weg in die Cloud gar nicht mehr mitgehen. Meines Erachtens ist das aber ein Muss. Das ist die Herausforderung an die Genossenschaft, diese Mitglieder auch zu erreichen. Nicht nur, dass sie die neue Software nutzen, sondern letztlich bedeutet das eine komplette Änderung der Prozesse in der Kanzlei. Diese Änderung des Mindsets bei allen Mitgliedern, das wird eine zentrale Herausforderung für die Genossenschaft werden.

Warum lohnt es sich, sich für eine Genossenschaft zu engagieren? Oder bereuen Sie Ihr Engagement schon?

Volker Andres: Das lohnt sich auf jeden Fall, weil sich die Mitglieder hier auf vielfältige Weise einbringen können. Ich sehe mich nicht nur als Mitentscheider, sondern als Mittler. Ich bringe Anliegen meiner Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis ein. Sie können die Strategie begleiten und Hinweise geben: Nein, hier lauft ihr in die falsche Richtung. Seit dem DATEV-Transformationsprojekt Fit für die Zukunft werden wir auch stark gehört, das war vorher nicht immer so. Dadurch macht es richtig Spaß, mitzuarbeiten.

Gibt es etwas wie „Stolz“, Teil einer Genossenschaft zu sein?

Volker Andres: Auf jeden Fall. Ich formuliere es mal überspitzt: Als kleiner Steuerberater vom Land werde ich bei DATEV gehört und man kann wirklich Dinge bewegen. Zum Beispiel sind beim Thema MyDATEV Kanzlei viele unserer Impulse aufgegriffen worden. Wenn man dann sieht, dass das die Hauptkommunikationsplattform wird, integriert in den neuen Online-Arbeitsplatz, und sie sehen, wie es dann voran geht, ist das schon eine tolle Sache.