Die Lebenserwartung in Deutschland steigt und damit sind immer mehr Menschen von Pflegebedürftigkeit betroffen: Im Dezember 1999 gab es 2,02 Mio. Pflegebedürftige, was einem Anteil von 2,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung von insgesamt 82,16 Mio. Menschen entsprach; im Dezember 2023 waren es bereits 5,7 Mio., was 6,7 Prozent der lediglich um zwei Prozentpunkte gestiegenen Bevölkerungszahl ausmachte. Im gleichen Zeitraum hat sich die Lebenserwartung von 74,8 Jahren bei Männern beziehungsweise 80,8 Jahren bei Frauen auf 78,6 Jahre bei den Männern und 83,3 Jahre bei den Frauen erhöht (Quelle: www.destatis.de, abgerufen am 25.10.2025). Jeder Fünfte wird in einer stationären Einrichtung gepflegt. Dabei müssen die Betroffenen jedes Jahr einen Anstieg der Kosten hinnehmen. Wie eine Datenauswertung des Verbands der Ersatzkassen e.V. vom 1. Juli 2025 zeigt, überschritt der monatliche Eigenanteil im ersten Aufenthaltsjahr bundesweit erstmalig die Marke von 3.000 Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag der monatliche Aufwand nur bei knapp über 2.000 Euro. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach der steuerlichen Absetzbarkeit derartiger Ausgaben. Zunächst ist zu klären, ob eine Berufskrankheit für die Pflegebedürftigkeit verantwortlich; dann ist unter anderem der Betriebsausgaben- beziehungsweise Werbungskostenansatz vorrangig zu prüfen. Andernfalls ist die Lösung in den §§ 33, 33a, 33b sowie § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) „versteckt“. Danach ist zu differenzieren, ob es sich um die eigenen Pflegekosten des Steuerpflichtigen handelt oder um die Kosten, die er für einen Dritten, etwa einen nahen Angehörigen übernimmt. Nachfolgend wird auf die Regelungen der §§ 33 und 33b EStG eingegangen. 

Außergewöhnliche Belastungen

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind die existenzsichernden Aufwendungen eines Menschen von der Besteuerung freizustellen. Dies wird unter anderem durch die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen erreicht (§ 2 Abs. 4 EStG i.V.m. §§ 33-33b EStG). Es handelt sich um die Kosten der privaten Lebensführung, die unter bestimmten Voraussetzungen zum Abzug zugelassen werden. Zu den wichtigsten Voraussetzungen der Norm gehören die Zwangsläufigkeit der Ausgaben dem Grunde („sich nicht entziehen können“) und der Höhe nach („notwendig und angemessen“) sowie deren Außergewöhnlichkeit (das Ereignis sowie die Kosten sollen außergewöhnlich sein). Systematisch lassen sich die außergewöhnlichen Belastungen in zwei Gruppen einteilen:

  • allgemeine Einzelfälle (§ 33 EStG)
  • typisierte Fälle (§§ 33a, 33b EStG)

Die erste Kategorie fängt die Fälle auf, die wegen ihrer unterschiedlichen Erscheinungsform nicht einheitlich geregelt werden können. Die zweite Gruppe erfasst Sachverhalte, die in der Praxis häufig vorkommen und somit pauschal beziehungsweise schematisch gelöst werden können. Die Regelungen der §§ 33-33b EStG sind in ihrer Wirkung zum Teil ergänzend („sowohl als auch“), aber auch zum Teil ersetzend beziehungsweise ausschließend („entweder oder“). 

Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen

Als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EStG sind sämtliche Pflegeaufwendungen begünstigt, die dem Steuerpflichtigen krankheits-, behinderungs- oder pflegebedingt anfallen:

  • Krankheitsbedingt sind die Aufwendungen, die durch eine allgemein anerkannte Krankheit ausgelöst sind, wie etwa durch Demenz. Eine Pflegebedürftigkeit muss nicht explizit vorliegen.  Der Nachweis kann durch eine (fach-)ärztliche Bescheinigung oder durch einen gerichtlichen Beschuss erbracht werden.
  • Behinderungsbedingt sind die Aufwendungen, die durch eine Behinderung verursacht sind. Der Nachweis der Behinderung ist nach § 65 Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zu führen, entweder durch die Bescheinigung / Bescheid über die Feststellung der Behinderung der nach § 152 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX zuständigen Behörde oder durch den Rentenbescheid, falls die Rente der gepflegten Person wegen ihrer Behinderung zusteht. Zudem soll die Notwendigkeit der Pflegemaßnahmen ärztlich bestätigt werden, wie zum Beispiel im Falle einer Heimunterbringung. Nur bei auswärtiger Unterbringung eines Abkömmlings des Steuerpflichtigen ist ein vorab ausgestelltes amtsärztliches Gutachten gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. c EStDV notwendig.
  • Pflegebedingt sind die Aufwendungen, die infolge der Pflegebedürftigkeit einer Person entstehen. Nach R 33.3 Abs. 1 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) ist eine Person pflegebedürftig, wenn bei ihr:
    • entweder mind. ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit i.S.d. §§ 14, 15 SGB XI besteht, 
    • oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI a.F. festgestellt wurde. 

 

Die Pflegebedürftigkeit muss voraussichtlich für sechs Monate fortbestehen. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit ist durch eine Bescheinigung der sozialen Pflegekasse, des Trägers der Sozialhilfe, des privaten Pflegeversicherungsunternehmens oder alternativ nach § 65 Abs. 2 EStDV zu erbringen.

Durch die Erbringung der voranstehend genannten Nachweise werden die Zwangsläufigkeit dem Grunde nach sowie die Außergewöhnlichkeit der Pflegeaufwendungen als erfüllt angesehen. In negativer Abgrenzung werden beispielsweise die Kosten der altersbedingten Heimunterbringung nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, weil die Tatsache, dass der ältere Mensch nicht mehr in vollem Umfang für sich sorgen kann, nicht außergewöhnlich ist.

 

Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 33 Abs. 1 EStG im Rahmen einer ambulanten Pflege gehören sämtliche Mehraufwendungen, die dem Steuerpflichtigen infolge seiner Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit entstehen, insbesondere Kosten für:

  • die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft
  • die Inanspruchnahme von Pflegediensten, Einrichtungen der Tages- oder Nachpflege, der Kurzzeitpflege als auch von nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten (R 33.3 Abs. 2 Satz 1 EStR)
  • behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen eines Hauses (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2009, VI R 7/09, BStBl II 2010, S. 280 sowie BFH-Urteil vom 24.02.2011, VI R 16/10, BStBl II 2011, S. 1012)
  • Einbau eines Treppenlifts beziehungsweise eines Fahrstuhls, falls ein Treppenlift baurechtlich nicht möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 05.10.2011, VI R 14/11, BFH/NV 2012, S. 39 sowie FG Köln, Urteil vom 27.08.2014, 14 K 2517/12, EFG 2014, S. 2148)
  • behindertengerechte Umbau einer Dusche (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2014, 1 K 3301/12, EFG 2015, S. 406)

Pflegeheimkosten

Die Kosten einer stationären Pflegeeinrichtung können ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, falls die Unterbringung krankheits-, behinderungs- oder pflegebedingt stattfindet. Bei derartigen Einrichtung muss es sich nicht unbedingt um ein Heim im Sinne der Heimgesetze der Länder oder eine stationäre Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) i.S.v. § 71 Abs. 2 SGB XI handeln. Es genügt, wenn der Träger, zusätzlich zur Wohnraumüberlassung auch Betreuung und Verpflegung übernimmt.  Somit können auch die Kosten für die Unterbringung in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein. Wichtig an dieser Stelle ist anzumerken, dass die Heimunterbringungskosten, die den oben genannten Voraussetzungen entsprechen, nicht in einzelne Bestandteile wie Kosten für Unterkunft, Verpflegung, medizinische Leistungen, Pflege usw. zerlegt werden, sondern insgesamt als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. 
Der Höhe nach werden die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Heimunterbringung auf eine übliche Wohnfläche von 30 Quadratmetern beschränkt. Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen werden jedoch gegebenenfalls um Haushaltsersparnis [entspricht dem jeweiligen Grundfreibetrag, vgl. H 33.-33.4 Einkommensteuerhinweise (EStH) –„Haushaltsersparnis“ 1. Spiegelstrich] beziehungsweise um die Leistungen aus der Pflegeversicherung oder ähnliches gekürzt. 

Kosten für Angehörige

Zu betonen ist, dass im Rahmen der Regelung des § 33 EStG nicht nur eigene Pflegekosten berücksichtigt werden können, sondern auch Kosten eines Dritten. Im letzten Fall ist insbesondere die Zwangsläufigkeit dem Grunde nach auf der Ebene des Kostenübernehmers nachzuweisen, was grundsätzlich nur bei Verwandten ersten Grades erfüllt ist, sowie die Zwangsläufigkeit der Höhe nach in Bezug auf die verfügbaren Eigenfinanzmittel des pflegebedürftigen Angehörigen. Das heißt, soweit der Pflegebedürftige angesichts seiner Einkünfte in der Lage ist, die Kosten für eigene Pflege selbst zu tragen, werden die von seinem Angehörigen übernommenen Aufwendungen gekürzt. Anzugeben sind die entsprechenden Kosten in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ zur Einkommensteuererklärung, und zwar in den Zeilen 24 bis 26 (= Formulare zum VZ 2024). Im Rahmen der Steuerfestsetzung werden die entsprechenden Kostenpositionen geprüft und nach Kürzung um die sogenannte zumutbare Belastung im Sinne von § 33 Abs. 3 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.

Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen

Mithilfe dieser Regelung können Menschen mit Behinderungen für ihre behinderungsbedingten Aufwendungen bestimmte Pauschbeträge in Anspruch nehmen, ohne einzelne Kosten nachweisen zu müssen. Die nachstehende Tabelle ermöglicht einen Überblick über die aktuell geltenden Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen, inklusive der Voraussetzungen und Nachweise.

Wichtig ist, dass der jeweilige Pauschbetrag ein Jahresbetrag ist und dadurch stets in voller, ungekürzter Höhe gewährt wird, selbst dann, wenn die Behinderung im Laufe eines Kalenderjahrs eingetreten, sich geändert oder weggefallen ist (vgl. R 33b Abs. 8 EStR). Abzugsberechtigt sind grundsätzlich die im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Personen selbst. Die antragsgebundene Übertragung ist unter den Voraussetzungen des § 33b Abs. 5 EStG auf die Eltern eines behinderten Abkömmlings möglich, wenn die Eltern kindergeldberechtigt sind und das Kind selbst keinen Pauschbetrag in Anspruch nimmt. Anzugeben ist der jeweilige Grad der Behinderung in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ zur Einkommensteuererklärung, und zwar in den Zeilen 4 bis 9 (= Formulare zum VZ 2024). Die Pauschbeträge werden bei der Steuerfestsetzung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, dabei erfolgt keine Kürzung um die zumutbare Belastung. Durch die Geltendmachung der Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen werden laufende und typische Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf abgegolten. Im Umkehrschluss sind die „untypischen“ Aufwendungen nicht durch die Abgeltungswirkung der Pauschbeträge betroffen und können darüber hinaus (= neben § 33b Abs. 1 bis 3 EStG) nach Maßgabe § 33 EStG berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise (vgl. H 33b EStH – „Neben den Pauschbeträgen für Menschen mit Behinderung zu berücksichtigende Aufwendungen“):

  • behinderungsbedingte Fahrtkosten (ab VZ 2021 nur noch im Rahmen einer Pauschale nach § 33 Abs. 2a EStG möglich)
  • laufende Kosten für die Heimdialyse
  • Kosten für häusliche Intensiv- und Behandlungspflege
  • behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen

Aber auch im Teil der typischen behinderungsbedingten Aufwendungen steht dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zu: Er könnte auf den Ansatz der Pauschbeträge nach § 33b Abs. 1-3 EStG zu-gunsten der Regelung des § 33 EStG verzichten. Dieses Wahlrecht positiv auszuüben ist eher sinnvoll, je höher die tatsächlichen behinderungsbedingten Aufwendungen, wie beispielsweise Kosten einer Heimunterbringung sind.

Pauschbeträge für Pflegepersonen

Der Sinn und Zweck dieser Regelung ist, einem pflegebedürftigen Menschen, solange es geht, den Aufenthalt in der gewohnten häuslichen Umgebung zu ermöglichen, indem beispielsweise die nahen Angehörigen die Pflege unentgeltlich (mit) übernehmen, dafür aber einen pauschalen Aufwand geltend machen können. Diese Norm setzt unter anderem folgende voraus:

  • pflegebedürftige Personen mit mind. Pflegegrad 2. 
  • Persönliche Pflege erfolgt im Haushalt des Pflegebedürftigen oder der Pflegeperson.
  • Die Pflege erfolgt unentgeltlich. Falls das Pflegegeld an die Pflegeperson weitergeleitet wird und dieses nicht ausschließlich zur unmittelbaren Sicherung der erforderlichen Grundpflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung dient, scheidet der Ansatz eines Pauschbetrages aus.  

 

Die Höhe des Pflege-Pauschbetrags richtet sich, wie aus der voranstehenden Tabelle ersichtlich ist, nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit, die in § 14 SGB XI definiert ist. Falls die Pflege von mehreren Personen übernommen wird, ist der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen aufzuteilen. Die Aufwendungen, die der Pflegeperson durch die Pflegetätigkeit entstehen, sollen durch den Pflege-Pauschbetrag abgegolten werden, ohne dass man dafür irgendwelche Nachweise benötigt. Das sind unter anderem:

  • Fahrtkosten zur Wohnung des Pflegebedürftigen 
  • Aufwendungen, die entstehen, weil die zeitliche Beanspruchung durch die Pflege die persönliche Erledigung eigener Haushaltstätigkeiten erschwert.

Eine Berücksichtigung dieser Aufwendungen gemäß § 33 EStG ist nicht möglich, wenn der Pflege-Pauschbetrag in Anspruch genommen wird. Hingegen sind durch die Norm des § 33 Abs. 6 EStG nicht abgegolten und können zusätzlich im Rahmen des § 33 EStG geltend gemacht werden Kosten für:

  • die Unterbringung in einer Tagesstätte während der Arbeits- / Urlaubszeit der Pflegeperson
  • behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen.

Die Angaben zum Pflege-Pauschbetrag sind in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ zur Einkommensteuererklärung zu machen, und zwar in den Zeilen 11 bis 18 (= Formulare zum VZ 2024). Die Pauschbeträge werden bei der Steuerfestsetzung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, dabei erfolgt keine Kürzung um die zumutbare Belastung.

Fazit und Ausblick

Die Rechtslage zur steuerlichen Berücksichtigung von Pflegekosten ist sehr unübersichtlich und wenig strukturiert. Abgesehen von den typisierenden Vorschriften des § 33b EStG gibt es keine Regelungen, die konkret und ausschließlich die Pflege und Betreuung des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen aufzeigen. Daher ist es unumgänglich, sich kompetente Hilfe zu holen, wenn man mit den Problemen und Herausforderungen einer Pflegesituation konfrontiert ist.