Portrait Markus Munz und Christian Neuser

Künstliche Intelligenz (KI) hält Schritt für Schritt Einzug in den Kanzleialltag. Prof. Dr. Christian Bär, Chief Technology Officer, und Dr. Robert Helbig, Leiter KI bei DATEV, erklären, welchen Kurs die Genossenschaft verfolgt und welche Rolle Daten und Agenten dabei spielen.

DATEV magazin: Worauf kommt es bei KI besonders an?

Prof. Dr. Christian Bär: Wir erleben einen rasanten technologischen Fortschritt. Unser Ziel ist nicht, kurzfristige Trends mitzugehen, sondern nachhaltige, tragfähige Lösungen zu schaffen. Aus diesem Grund verankern wir KI strategisch in unserer Infrastruktur, unserem Portfolio und der Organisation.

Welche Unterstützung bietet DATEV beim Einstieg in das Thema KI?

Prof. Dr. Christian Bär: Unsere Mitglieder sind digital unterschiedlich weit. Mit der DATEV KI-Werkstatt bieten wir unabhängig von deren Digitalisierungsgrad einen praxisnahen Einstieg. Besonders wichtig sind uns dabei Transparenz, Vertrauen sowie rechtssichere Lösungen.

Werden Mitglieder auch in die konkrete Produktentwicklung eingebunden?

Dr. Robert Helbig: Auf jeden Fall. Und zwar von Beginn an. In der KI-Werkstatt können unsere Mitglieder Prototypen live testen, Feedback geben und so ganz konkret mitgestalten. Daraus entstehen Lösungen, die wirklich auf den Alltag in Kanzleien einzahlen. Beispiele hierfür sind der Einspruchsgenerator oder DATEV LEXChat. Das sind keine Showcases, sondern praxisnahe Anwendungen mit echtem Nutzen.

Was braucht es, damit KI im Alltag der Steuerberatungskanzleien funktioniert?

Dr. Robert Helbig: Zuerst ein solides Fundament. Da hilft uns die Cloudtransformation enorm. Weil wir sowieso alle Anwendungen neu schreiben, können wir KI gleich von Anfang an mitdenken – technisch und fachlich. Gleichzeitig müssen in der Kanzlei aber auch Strukturen geschaffen werden: stabile Infrastruktur, klare Zuständigkeiten. Und, ganz entscheidend, gute, verlässliche Daten. Ohne die geht es nicht. 

Bleiben wir beim Stichwort verlässliche Daten: KI ist nur so gut wie die Daten, auf die sie zugreift. Was ist Ihre Antwort darauf?

Prof. Dr. Christian Bär: Ganz klar: Gute KI basiert auf hochwertigen Daten. Und zwar in der richtigen Qualität, im passenden Format und zur richtigen Zeit. Deshalb legen wir großen Wert darauf, unsere Daten systematisch zu verbessern: angefangen bei der Qualität über die Beschaffung bis hin zur gezielten Kompetenzentwicklung im Umgang mit Daten. Es geht uns nicht darum, einfach beliebige Informationen zu sammeln, sondern gezielt auf verlässliche und relevante Daten zu setzen. Nur so lassen sich fundierte, datengetriebene Entscheidungen treffen und echte Innovation ermöglichen, auch mit Blick auf den Berufsstand. Perspektivisch wollen wir strukturierte, geprüfte und zentral verfügbare Datenprodukte schaffen, die direkt in DATEV-Anwendungen einfließen – für noch präzisere Auswertungen und leistungsfähigere Services.

Welche langfristigen Auswirkungen hat der Einsatz von KI auf den Arbeitsalltag in Kanzleien?

Dr. Robert Helbig: Wenn die Datenbasis steht, kann man vieles automatisieren. Dann greifen Assistenzsysteme ins Tagesgeschäft ein, übernehmen Routinetätigkeiten, liefern Handlungsempfehlungen. Das ist nicht nur effizient, es verändert auch die Art und Weise, wie wir arbeiten. Rollen, Prozesse, Fachwissen, da tut sich einiges. Aber genau darin liegt auch die Chance, denn unser Zielmarkt ist komplex, reguliert und hat gleichzeitig große Herausforderungen wie den Fachkräftemangel. Mit KI können wir da wirklich etwas bewegen.

Wie lässt sich der Einsatz von KI mit den hohen Datenschutzanforderungen von DATEV vereinbaren?

 Prof. Dr. Christian Bär: Wir werden KI nur dann und dort einsetzen, wo es sinnvoll und rechtlich möglich ist. Egal was wir tun: Datenschutz und Sicherheit werden immer zentraler USP von DATEV bleiben.

Fazit: DATEV entwickelt KI nicht als Zusatz, sondern als festen Bestandteil eines digitalen Kanzleialltags. Mit standardisierten Datenprodukten und intelligenten Agenten entstehen Lösungen, die Fachkräfte unterstützen und die tägliche Arbeit gezielt vereinfachen. Aufgrund der frühzeitigen Mitgestaltung durch Mitglieder bleibt DATEV nah an der Praxis und macht KI zum echten Vorteil für den Berufsstand.

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