S ozSichAbkÄndAbk2ZAbkTURG – welcher Steuerberater kennt dieses Kürzel aus dem Umsatzsteuergesetz nicht? Oder BDGBIBBBMinBFAnO? Na, klingelt’s? Falls nicht, ist es auch nicht schlimm. Es gibt ja Manuel P. Stöhr und seine YouTube-Videos. Über den Menüpunkt „Häppchen vom Stöhr“ auf der Website des Steuerberaters aus Neustadt an der Aisch gelangt man zu seinen filmischen Onlineposts. Eine bunte Mischung – von Reiseimpressionen über Infos zu seiner Kanzlei bis zu fachlichen Beiträgen – auch über die Skurrilitäten des Berufsstands. „Ich versuche, alles mit einem gewissen Augenzwinkern zu machen“, sagt der 58-Jährige. „Nahbarkeit und Humor sind mir ganz wichtig, zum anderen möchte ich ein authentisches Bild meiner Kanzlei zeigen, damit Mandanten und potenzielle Mitarbeiter wissen, was sie erwarten dürfen.“

Kernkompetenzen statt Zahlensalat

Der Steuerberater in der mittelfränkischen Kleinstadt nordwestlich von Nürnberg macht so einiges anders als andere, vor allem beim Auftritt nach außen. Die Website ähnelt der eines Restaurants, zumindest sprachlich. Statt „Zahlensalat“ und „Erbsenzählerei“ verspricht Stöhr „Rezepte mit Pfiff“ für Unternehmen, Freiberufler und Privatpersonen, das Erstgespräch für neue Mandanten firmiert unter „Kennenlern-Menü“. Für seine „Kernkompetenzen“ posiert er mit einer Avocado – samt Kern, versteht sich. Unkonventionell, persönlich, familiär: Neben seiner fachlichen Expertise sind das die Eigenschaften, mit denen Manuel Stöhr punkten will. Obwohl Neustadt zur Metropolregion Nürnberg zählt, ist die Anmutung von Stadt und Umland eher ländlich, was sich auf die Zusammensetzung der Mandantschaft ebenso auswirkt wie auf die Suche nach fachlichem Nachwuchs. „Die Jungen zieht es eher in die größeren Städte, da ist mehr Party“, sagt Stöhr.

Dem stellt er ganz bewusst eigene Akzente entgegen. Mit Unterstützung einer Agentur erstellte er den Instagram-Account Steuertour, der das Berufsfeld als Expedition darstellt. Stöhr selbst führt als Scout seine Mandanten durch die Fährnisse des Steuerdschungels und hat dabei diverse Abenteuer zu bestehen, bei denen er die wichtigen Steuerunterlagen stets sorgsam hütet. So will er der jungen Generation vermitteln, dass die Arbeit in der Kanzlei alles ist, nur nicht langweilig.

Familienfreundlichkeit ist ein weiterer Punkt, der für den Steuerberater, der die Kanzlei 2008 als Externer von seinem Vorgänger übernommen hat, ganz oben steht. „Wir wollen für jede nur mögliche familiäre Konstellation Bedingungen schaffen, Arbeit und Privatleben in Einklang zu bringen“, sagt Stöhr. Neben flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten bietet er seinem zu 100 Prozent weiblichen Team auch ganz praktische Unterstützung an. So beschäftigt er beispielsweise eine Bügelhilfe. „Meine Mitarbeiterinnen bringen montags ihre Wäsche mit ins Büro und können sie abends gebügelt wieder mit nach Hause nehmen.“ Der Freistaat Bayern belohnte das Engagement mit der Auszeichnung „Erfolgreich.Familienfreundlich“; vom Landesverband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern (LSWB) wurde die fränkische Kanzlei bereits fünfmal als exzellenter Arbeitgeber ausgezeichnet.

Ertragsmaximierung ist nicht alles

Familie ist für Stöhr mehr als eine gesellschaftliche Organisationsform. Er sieht sie als Kern aller zwischenmenschlichen Bindungen, als den Quell jeden fruchtbaren und verantwortlichen Zusammenwirkens. Das spiegelt sich auch in der fachlichen Ausrichtung der Kanzlei wider: Familienunternehmen machen einen erheblichen Teil der Mandantschaft aus. „Ich habe oft mitbekommen, welche Schwierigkeiten und Konflikte entstehen, wenn die ältere Generation den Staffelstab an die jüngere weitergeben will oder muss, aber nicht loslassen kann“, sagt Stöhr. „Aus der Lösung solcher Aufgaben ergab sich ganz natürlich die Frage, wie auch über den Tod hinaus Regelungen getroffen werden können, die allen Beteiligten gerecht werden und gleichzeitig den Fortbestand des Unternehmens sichern. So kam ich zur Nachlassgestaltung und Testamentsvollstreckung.“

Seine familienorientierte Haltung bedeutet für Manuel Stöhr auch, dass es bei ihm keine mehr oder weniger wichtigen Mandate gibt. Wer seine Hilfe braucht, kann auf ihn zählen. Wer sein Geschäft nicht digitalisieren kann, wird nicht gekündigt, sondern zur Not auch durch ertragreichere digitale Mandate quersubventioniert. „Ich sehe die Verantwortung des Freiberuflers darin, eben nicht alles der Ertragsmaximierung unterzuordnen.“ Trotz dieser Haltung steht die Kanzlei heute wirtschaftlich besser da denn je. Oder gerade deswegen.

Die Kanzlei

15 Mitarbeiterinnen beschäftigt Steuerberater Manuel P. Stöhr, ein rein weibliches Team. Bei der Nachfolge- und Nachlassgestaltung übernimmt die Kanzlei auch projektbezogene Mandate von Kollegen, die sie nach Abschluss wieder zurückgibt.