Use-Cases generieren

Aufgrund der Komplexität und der spezifischen Anforderungen im Steuerwesen ist für die Entwicklung und Umsetzung von KI-Anwendungen ein strukturierter Ansatz unabdingbar. Regularien wie der AI Act der Europäischen Union erfordern zudem, dass KI-Lösungen nicht nur effizient und innovativ sind, sondern auch den rechtlichen und ethischen Standards entsprechen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Use-Cases nicht nur aus technischer und wirtschaftlicher Sicht betrachten können, sondern auch auf die Einhaltung regulatorischer Vorgaben achten müssen. Daher ist ein Use-Case-Management erforderlich, um Anwendungsfälle zu erkennen und die vorgeschriebenen Risikoklassifizierungen einzuhalten.

Exploration

In einer ersten Phase erfolgt ein Brainstorming, um Ideen zu sammeln und ein breites Spektrum an potenziellen KI-Anwendungsfällen zu erkennen. Ergebnisoffene Diskussionen dienen dazu, kreative Vorschläge zu sammeln, die sich nicht auf bekannte Technologien oder mögliche Umsetzungsoptionen beschränken, sondern nur das gewünschte Ziel im Blick haben.

Bewertung

Im nächsten Schritt, der Bewertungsphase, werden die Ideen anhand von Kriterien wie Geschäftswert, technischer Machbarkeit und strategischer Ausrichtung evaluiert. Welche der potenziellen Use-Cases sind die richtigen, um langfristig erfolgreich zu sein? Gelingt es, sogenannte Leuchtturmanwendungen zu generieren, die einen herausragenden Mehrwert für die Kunden bieten? Hier müssen primäre Nutzer und Stakeholder sowie deren Bedürfnisse identifiziert werden, um danach die Anwendungsfälle sowie die damit verbundenen Anforderungen zu konkretisieren.

Priorisierung

Diese vielversprechenden Anwendungsfälle werden in der nächsten Phase mit den strategischen Geschäftszielen abgeglichen, um sie zu priorisieren und einen Fahrplan für die Umsetzung abzuleiten (KI-Roadmap). Erste Analysen und Experimente validieren die technische Realisierbarkeit der Idee; insbesondere werden Datenverfügbarkeit und -qualität als Mindestanforderungen untersucht. Frühzeitiges Feedback der Stakeholder hilft, Prioritäten zu setzen, die mit den unternehmerischen Zielen korrespondieren. In dieser Phase wird ein strategisches Portfolio von KI-Anwendungsfällen erstellt, zu denen bereits Projekte gehören, die innerhalb der folgenden sechs Monate umgesetzt werden sollen.

Auswahl

In der Auswahlphase werden die Use-Cases mit dem höchsten Erfolgspotenzial ausgewählt, wobei der Nachweis der Machbarkeit durch Erstellen vereinfachter, vorläufiger Versionen dieser KI-Anwendungsfälle erfolgt, um Design und Funktionalität zu visualisieren und zu testen. Prototypen und sogenannte Proof-of-Concept-Implementierungen helfen dabei, potenzielle Probleme zu erkennen, kostspielige Fehler zu vermeiden sowie die Machbarkeit der Lösungen zu prüfen.

Produktivphase

In der abschließenden Phase wird das KI-Produkt für den produktiven Einsatz vorbereitet. Hier erfolgen eine Datenvorverarbeitung sowie die Entwicklung und Feinabstimmung der KI-Lösung. Eine kontinuierliche Überwachung und Tests sind entscheidend, um die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des KI-Systems zu gewährleisten. Im Anschluss daran wird die Lösung in bestehende Systeme integriert. Ein Überwachungsmechanismus ist erforderlich, um die Modellleistung im laufenden Betrieb permanent zu beobachten und bei abnehmender Leistung adjustieren zu können.

Resümee

Ein strukturierter Ansatz im Use-Case-Management deckt den gesamten Lebenszyklus von KI-Anwendungsfällen ab – von der Auswahl und Entwicklung bis hin zur Implementierung und kontinuierlichen Überwachung. Dieser Ansatz hilft Unternehmen, die Potenziale der KI voll auszuschöpfen, kostspielige Fehler zu vermeiden und die Basis für einen nachhaltigen KI-Einsatz zu schaffen. Der EU AI Act führt zwar zu neuen Herausforderungen, ermöglicht gleichzeitig aber eine effiziente und rechtskonforme Implementierung der KI-Lösungen. Letztlich dient er dazu, den Grundstein für eine umfassende und rechtskonforme Transformation zu setzen.

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