Doch was, wenn es auch anders geht? Wenn Kanzleien Prozesse nicht nur abarbeiten, sondern mitgestalten – gemeinsam mit ihren Mandanten? Genau hier setzt der strukturierte Blick auf die Unternehmensprozesse an: Als Einstieg in effizientere Zusammenarbeit, als Hebel für neue Geschäftsmodelle – und als erster Schritt hin zu einer digital aufgestellten Kanzlei.

Der blinde Fleck: Mandantenprozesse vor der Übergabe

„Wenn alles gut läuft, wird einfach gebucht“, sagt Michael Sambale, der bei DATEV rund um Digitalisierung in Kanzleien berät. „Aber wie die Belege überhaupt entstehen, das interessiert viele erst dann, wenn es hakt.“


Dabei liegt genau hier enormes Potenzial: „Kanzleien wissen oft nicht, wie ein Beleg beim Mandanten eingeht – per Mail, per Plattform oder per Brieftaube“, sagt Sambale augenzwinkernd. „Aber diese Details entscheiden darüber, wie effizient die Zusammenarbeit am Ende ist.“Besonders bei kleineren Mandaten werden diese Fragen im Alltag selten gestellt. Das hat Folgen: „Die Belege landen dann einfach bei der Sachbearbeitung“, so Sambale. „Und dort fehlt oft schlicht die Zeit, sich systematisch um Prozessfragen zu kümmern.“

Erkennen, wo der Hebel liegt: Drei Mandantentypen in der Praxis:

Kanzleien begegnen in der Praxis grob gesagt drei Haltungen zur Digitalisierung:

  1. Die Treiber: Sie gehen digital voran – und erwarten, dass ihre Kanzlei mitzieht.
  2. Die Verharrer: Veränderung? Lieber nicht. „Hat doch bisher auch so funktioniert.“
  3. Die Unentschlossenen: Sie wären bereit – wissen aber nicht wie. Genau hier liegt der größte Hebel.

„Viele Mandanten sind gar nicht gegen Digitalisierung – sie brauchen einfach jemanden, der sie begleitet“, sagt Sambale. Der Schlüssel: Prozesse nicht überfordern. Sondern gemeinsam mit dem Mandanten nach einfachen, passenden Schritten suchen. Oft reicht ein einzelner Impuls – etwa, wenn plötzlich Belege per Mail statt im Ordner kommen. Wer diesen Moment nutzt, kann den Einstieg in digitale Abläufe gestalten.

 

Kleine Schritte, die großes Anstoßen: Quick Wins als Einstieg

Digitalisierung muss nicht mit dem großen Wurf beginnen. Oft sind es kleine, klar definierte Verbesserungen, die den Anfang machen – und schnell zeigen, wie viel Potenzial in digitalen Prozessen steckt.

  • Belegübermittlung definieren: Wie, wann, in welchem Format?
  • Digitale Freigaben nutzen: Für Eingangsrechnungen oder Zahlungen
  • Schnittstellen im Blick behalten: Welche Daten müssen ins System – und wie kommen sie dort hin?

„Wenn ich verstehe, wie der Mandant seine Rechnungen bekommt, kann ich die Prozesse sauber aufsetzen und viel Zeit sparen“, so Sambale. Diese kleinen Änderungen verbessern nicht nur die Effizienz und reduzieren Rückfragen – sie schaffen auch Vertrauen und eröffnen den Raum für weitere Schritte. Denn wer erste Erfolge sichtbar macht, hat es leichter, gemeinsam mit dem Mandanten tiefer einzusteigen: in ganzheitlich gedachte Prozesse, neue Rollenmodelle – und langfristig tragfähige Zusammenarbeit.

 

Prozessberatung als Geschäftsmodell

Manche Kanzleien gehen einen Schritt weiter und machen Prozessberatung zum festen Bestandteil ihres Leistungsportfolios. Sie analysieren, wie Mandanten Belege erfassen, prüfen und weiterverarbeiten. Und helfen dabei, diese Abläufe auch technisch zu optimieren.„Einige Kanzleien haben sogar eigene Beratungseinheiten gegründet, die sich nur um Prozesse kümmern“, erzählt Sambale. „Das ist keine Spielerei, das sind ernstzunehmende Geschäftsmodelle.“

So unterstützt DATEV die Kanzleien

DATEV bietet verschiedene Bausteine, um Kanzleien fit für die Prozessberatung zu machen:

  • Beratungsangebote: Vom kompakten Online-Termin bis zur mehrmonatigen Begleitung im „Fitnessprogramm Digitales Rechnungswesen“. Oder auch die EQ-Beratung, in der Mandanten konkret betrachtet werden, um Optimierungspotenziale zu erkennen.
  • Seminare, Schulungen und Lernvideos: Für Mitarbeitende wie für Mandanten.
  • Netzwerkformate: Wie das Beratungsnetzwerk „Gemeinsam effizient mit DATEV Unternehmen online“, in dem Kanzleimitarbeitende sich austauschen.

Sambale betont dabei: „Wir haben Angebote für jede Stufe – vom ersten digitalen Quick Win bis zur umfassenden Prozessanalyse. Wichtig ist nur: Man muss loslegen.“

 

Prozesse kennen heißt, Mandanten besser betreuen

Wer versteht, wie Belege entstehen, kann sie besser verarbeiten. Wer Prozesse mitdenkt, spart Aufwand. Und wer Mandanten in digitale Abläufe einbindet, schafft Vertrauen.
„Ein sauberer digitaler Prozess ist kein Luxus“, sagt Sambale. „Er ist die Grundlage für alles, was eine moderne Kanzlei leisten will.“
Dabei geht es nicht darum, alles auf einmal zu verändern. Oft reichen schon kleine Impulse, um neue Denkanstöße zu geben – gerade bei kleineren Mandanten mit klassischen Übergabeprozessen.

Wie Kanzleien tiefer einsteigen können

Welche Hebel bei komplexeren Mandatsstrukturen wirken und wie Sie die Prozesse Ihrer Mandanten wirklich verstehen lernen, lesen Sie im ergänzenden Beitrag: „Wie gut kennen Sie Ihre Mandanten wirklich?“ – Unternehmensprozesse verstehen und Zusammenarbeit neu denken.