Wirtschaftsprüfung im Wandel

Studie von DATEV und Strategion beleuchtet Zukunftsszenarien

Nürnberg, 26. Juli 2023: Durch sich ändernde Marktbedingungen, hohe regulatorische Anforderungen, Kostendruck in der Jahresabschlussprüfung und nicht zuletzt die technologische Entwicklung wird sich die Wirtschaftsprüfung in den kommenden Jahren weiter wandeln. Um einen näheren Blick auf die Auswirkungen dieser Entwicklung zu werfen, haben DATEV und das universitätsnahe IT-Beratungshaus Strategion GmbH im Rahmen einer Studie vier unterschiedliche Zukunftsszenarien zur möglichen Entwicklung in der Zusammenarbeit von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und mit der Buchhaltung von Mandanten betrauten Personen ermittelt. Anschließend wurden die drei Berufsgruppen nach der Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Szenarios innerhalb der nächsten Dekade befragt. Dabei geht die Mehrzahl der Befragten davon aus, dass digitale Innovationen großen Einfluss auf einzelne Erstellungs- und Prüfungstätigkeiten entfalten werden, die sich dadurch verändern. Der Prüfungsansatz für die Jahresabschlussprüfung wird aber im Kern als gleichbleibend erwartet.

Die vier Zukunftsszenarien entstanden auf Basis wissenschaftlich anerkannter Methoden und berücksichtigen aktuelle Trends wie Digitalisierung und Automatisierung, Fachkräftemangel sowie Harmonisierungs- und Deregulierungstendenzen. Das erste Szenario beschreibt dabei eine disruptive Veränderung und skizziert einen Wandel des kompletten Erstellungs- und Prüfungsansatzes durch digitale Innovationen. Szenario Zwei geht von zunehmender Automatisierung aus und ist von der Veränderung einzelner Erstellungs- und Prüfungstätigkeiten durch digitale Innovationen geprägt, während der Prüfungsansatz für die Jahresabschlussprüfung gleichbleibt. Die dritte Option beschreibt ein gleichbleibendes Berufsfeld, in dem es lediglich selektive Veränderungen durch digitale Innovationen gibt. Variante Vier geht sogar von einer abnehmenden Digitalisierung und der Ablehnung digitaler Innovationen durch die Berufsträger aus.

Mehr Automatisierung durch bessere Schnittstellen

Neben Szenario Zwei, das die Mehrheit für das wahrscheinlichste hält, sprechen die Antworten auch der disruptiven Variante mit einem neuen Erstellungs- und Prüfungsansatz hohe Relevanz und Einfluss zu. Im Gegensatz zur Zukunftsvision mit zunehmender Automatisierung bei gleichbeliebendem Prüfungsansatz ist dieses Szenario aber nicht so stark „erwünscht“. Das von abnehmender Digitalisierung ausgehende Szenario Vier, wird durchweg als unwahrscheinlich, nicht erwünscht und von eher geringem Einfluss eingeschätzt.

Über die Erwartung grundsätzlicher Zukunftsszenarien hinaus können aus der Studie auch weitere Zukunftseinschätzungen abgeleitet werden. Eine interessante Erkenntnis ist, dass Steuerberater und in Unternehmen mit Buchhaltungsaufgaben betraute Personen stärker vom Potenzial von KI für erstellungszeitpunktnahe Prüfungen überzeugt sind als Wirtschaftsprüfer. Letztere bewerten das Potenzial deutlich differenzierter, allerdings ebenfalls mit einer positiven Tendenz. Alle drei Berufsgruppen gehen davon aus, dass Konnektoren und Schnittstellen zwischen ihren Systemen künftig einen kontinuierlichen Zugang zu buchhaltungs- und prüfungsrelevanten Daten ermöglichen sowie eine automatisierte Datenextraktion zulassen. Dabei ist davon auszugehen, dass in den nächsten 10-15 Jahren tendenziell Softwareprodukte vermehrt genutzt werden, die gleichzeitig sowohl Erstellungs- als auch Prüfungsprozesse und -funktionen unterstützen.

Autonome Systeme und IT-Kennnisse bei den Prüfenden

Dass Buchungsdaten zunehmend autonom durch Systeme erstellt werden, halten ebenfalls die meisten der Befragten für wahrscheinlich. In allen Berufsgruppen wird erwartet, dass sich die Tätigkeiten von „manuellen“ mehr in Richtung „überwachende“ wandeln werden. Dadurch wird voraussichtlich die Bedeutung von Vollerhebungen in der Prüfung zugunsten von Systemprüfungen zurückgehen. Diese werden dann auch zwangsläufig KI-Komponenten und -systeme beinhalten.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass künftig verstärkt IT-Fachkenntnisse in der Wirtschaftsprüfung benötigt werden. Eine risikoorientierte Systemprüfung verlangt zunehmend den Einbezug des jeweiligen IT-Anbieters und neuer Skills vom Prüfenden. Trotz aller Vereinfachungen, die die Digitalisierung durch Automatisierungsoptionen mit sich bringt, erwarten die Befragten übrigens in den kommenden ein bis eineinhalb Jahrzehnten keine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben, die das Berufsfeld betreffen. Regulierungen rund um die IT könnten hier eher noch zu Verkomplizierungen führen, so die Befürchtung.

Methodik der Studie

Für die Studie „Szenarioanalyse zur Weiterentwicklung des Berufsfeldes der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Buchführung“ wurden verschiedene Analysearten (Umfeldanalyse, Literaturanalyse, Einflussmatrixanalyse, morphologische Analyse und Konsistenzanalyse), eine Delphi-Befragung, Experteninterviews und eine quantitative Umfrage kombiniert. Auf dieser Basis wurden vier Zukunftsszenarien gebildet, die mögliche Entwicklungen des Berufsfeldes beschreiben. Zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, der persönlichen Einstellung und des Einflusses der Zukunftsszenarien wurden im August 2022 1.685 Wirtschaftsprüfungskanzleien, 5.000 Steuerberatungskanzleien und 5.000 Mandantenunternehmen im Rahmen einer Online-Umfrage kontaktiert. Insgesamt 735 vollständig ausgefüllte Fragebögen bilden die Basis für die Analyse und Bewertung der Zukunftsszenarien. Zu beachten ist, dass die Befragung vor der durch die Vorstellung von ChatGPT ausgelösten großflächigen öffentlichen Diskussion um Instrumente der künstlichen Intelligenz (KI) durchgeführt wurde. Deshalb ist anzunehmen, dass die Befragten den erwarteten Einfluss von KI auf die Prüfungsprozesse heute eher noch gravierender einschätzen würden.

Über Strategion

Als Partner für IT-basierte Strategie- und Innovationsprojekte unterstützt die Strategion GmbH ihre Kunden auf dem Weg in die digitale Zukunft. Das Portfolio des 2010 als „Spin-off“ aus der Universität Osnabrück gegründeten Unternehmens zielt auf das Heben von Potenzialen an der Schnittstelle von Strategie, Innovation und Technologie. Es umfasst Themen wie Organisationsgestaltung und Informationsmanagement sowie die Konzeption und Implementierung innovativer Softwaresysteme – hierzu gehören u.a. Industrie 4.0-Applikationen, Smart Services, Internet-of-Things-Anwendungen sowie Data-Analytics- und KI-Systeme. Dabei verfolgt Strategion einen wissenschaftlich fundierten Beratungsansatz: Nur durch strukturierte Vorgehensweisen können Veränderungen im Zeitalter der Digitalisierung wirksam umgesetzt werden. Die methodische Fundierung drückt sich insbesondere durch die Mitarbeit an Forschungsprojekten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus. Hierdurch erhalten Kunden einen direkten Zugang zu neusten Erkenntnissen in Wirtschaftsinformatik, Informatik und Künstlicher Intelligenz. Strategion arbeitet hierbei sehr eng mit dem Team von Firmengründer und Hauptgesellschafter Professor Dr. Oliver Thomas am Lehrstuhl für Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik (IMWI) der Universität Osnabrück sowie mit seiner DFKI-Forschungsgruppe Smart Enterprise Engineering zusammen.

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Erschienen:
17.07.2023
Dateiname:
Wirtschaftsprüfung im Wandel
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